Ein paar kurze Worte...
...über die Welt und auch ein bisschen über mich
Montag, 29. Oktober 2012
Die Nacht
Es ist kalt inzwischen. Über ihm blinken die Sterne am Firmament, der von ihnen leicht erhellte Himmel ist wolkenlos. Die Vorboten des Winters sind angekommen in der Stadt, haben die Wärme des fruchtbaren und ertragreichen Herbstes verjagt. Kristallklar die Luft, still und ruhig die Straßen.
Er hört seinen Atem und die raschelnden Blätter unter seinen Schuhen. Jedes Geräusch scheint verstärkt zu sein, seine Sinne sind in Höchstform. Niemand läuft ihm über den Weg, ohne Hast schreitet er durch die engen Gassen.
Ihre Haut war so weich. Zart. Groß ihre Augen. Seltsame Gedanken hatten seinen Kopf durchdrungen, als er in sie sah. Gedanken, die er nicht deuten konnte. Es war nur ein kurzer Moment. Doch er hatte etwas ausgelöst. Etwas, das er nicht greifen konnte.
Dennoch, er fühlt sich nicht schlecht. Er ist ganz im Hier und Jetzt, die Nacht sein Freund. Sie nimmt ihm das soeben Vergangene ab, befreit ihn von der Last. Er ist frei. Bilder zersplittern ungesehen, Gedanken erfrieren ungedacht.

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Samstag, 29. Oktober 2011
Beim Orthopäden
Eigentlich muss ich um 9 Uhr morgens auf Arbeit sein. Spätestens. Da beginnt nämlich die Kernzeit. Ausnahmen gibt es aber natürlich. Zum Beispiel, wenn man zum Arzt muss, so wie ich heute. Es ist nichts Dramatisches, nichts Akutes, aber es muss halt sein. Also hatte ich den Termin extra so früh wie möglich gelegt, um möglichst wenig Kernzeit zu verpassen. 9:15 wurde mir gesagt.
Um 9:05 stehe ich also an der Rezeption und bin schon überrascht, dass gar keine Schlange davor steht so wie letztes Mal. Streng genommen ist sogar gar niemand davor und ich kann mich quasi gar nicht hinten anstellen. Dafür ist das Wartezimmer, das sich direkt zu meiner Linken befindet, rappelvoll. Aber das beunruhigt mich erst einmal nicht sonderlich. Schließlich habe ich einen Termin in 10 Minuten. Nachdem ich etwa eine Minute lang an der Rezeption gestanden habe, werde ich das erste Mal beachtet.
"Ich hab einen Termin um Viertel nach.", rechtfertige ich mein Auftauchen und füge meinen Namen an.
"Dann hätte ich gerne Ihre Versichertenkarte und die Überweisung oder 10€ Praxisgebühr."
Ach Scheiße. Der letzte Besuch ist ja noch im vorigen Quartal gewesen und ausgerechnet heute habe ich keinen einzigen Euro im Portemonnaie, weil ich gestern so nett gewesen bin, jemandem Geld auszulegen. Eine Überweisung habe ich natürlich auch nicht. Also überreiche ich schon einmal ein paar MRT-Bilder meiner Schulter und mache mich auf den Weg zu einem Bankautomaten. Zehn Minuten später ist das erledigt und ich darf Platz nehmen. Wie lange ich denn warten müsse, will ich wissen. Die Sprechstundentante tippt irgendwas in ihren Computer und stiert angestrengt und vorgebeugt auf ihren Bildschirm, ehe sie mir antwortet, dass noch drei Patienten vor mir dran sind. Das ist nun nicht wirklich eine Antwort auf meine Frage und so versuche ich eine andere Strategie, die sie vielleicht nicht so überfordert. Ich schätzte etwa eine halbe Stunde. Dankbar für meinen Vorschlag, nickt sie eifrig.
Nun gut, 30 Minuten sind ja noch akzeptabel. Ich finde sogar noch einen freien Stuhl in der Ecke, neben einer von Nahem dann doch nicht mehr so attraktiven jungen Frau wie von Weitem, und setze mich. Damit bin ich nach dem 10-Jährigen, der am Spieltisch mit Duplo spielt, mit am meisten Ausschlag gebend für das Senken des Altersdurchschnitts der Wartenden um ein paar Jahrzehnte und dazu hebe ich den Anteil der Personen ohne Migrationshintergrund im Raum deutlich an. Die junge Frau neben mir fixiert ihr Handydisplay und versuchte sich in Tetris.
Aus meinen Ohrstöpseln dringt entspannende Musik und ich überlege, ob es sich in 30 Minuten lohnt, meinen Laptop herauszuholen und ebenso Tetris zu spielen. Oder vielleicht noch ein bisschen an Diesem und Jenem zu schreiben. Ich entschließe mich dazu. Doch da in der Arztpraxis natürlich kein frei zugängliches W-LAN-Netz existiert, sind meine Möglichkeiten, hier E-Mails zu schreiben, Blogeinträge zu verfassen oder sich über die unglaublich wichtigen Neuigkeiten so mancher Facebook-"Freunde" zu amüsieren, erheblich eingeschränkt. Auf Tetris habe ich dann auch keine Lust, will meine Sitznachbarin schließlich auch nicht mit meiner um ein Vielfaches größeren Bildschirmdiagonalen verhöhnen, und so überarbeite ich einfach eine Weile die Website meines Vereins. Das geht auch offline.
Nach dieser Weile gibt es aber nichts mehr zu überarbeiten, auf Tetris habe ich immer noch keine Lust und so klappe ich das Ding wieder zu. Der Blick auf die Uhr lässt mich staunen. Es ist bereits kurz nach 10. Mit den 30 Minuten habe ich offenbar doch nicht so ganz richtig gelegen. Ich greife erneut in meinen Rucksack, krame "Mein wunderbarer Wedding" hervor und beginne zu lesen. Die junge Frau spielt weiterhin Tetris und der Junge Duplo. Dabei stellt er sich so dämlich an, dass ihm jeder zweite Stein mit nervigem Geklapper vom Tisch fällt und die entspannende Musik in meinen Ohren übertönt wird. Der Rest der Wartenden ist in Prospekte und Zeitschriften vertieft oder starrt abwesend vor sich hin. Ab und zu wird jemand aufgerufen und erwacht, aufgeschreckt durch den eigenen Namen, aus seiner Trance.
Um zehn nach zehn stelle ich mal meine Musik leiser, denn ich will nicht riskieren, "mich" zu verpassen. Wer weiß, ob die einen zweimal ausrufen.
Ich stecke gerade im dritten Kapitel, als ich schließlich an der Reihe bin. Ist ja auch erst zwanzig nach zehn. Erleichtert packe ich meine Sachen und gehe mit neidischen Blicken der anderen bedacht in die Hinterräume der Praxis. Eine Sprechstundenhilfe - leider nicht die hübsche kleine blonde, sondern eine mitteljunge Deutschtürkin, die in etwa mit der gleichen Begeisterung ihrem Job nachgeht wie Frau Merkel zum Frisör - geleitet mich bis ins Sprechzimmer C, wo ich meinen Rucksack abstelle und mich setze. "Nee, den Rucksack müssense da wegstellen bidde, weil..." Den Rest verstehe ich akustisch nicht, zu sehr gebrabbelt ist die Begründung, die sie hat. Vielleicht weil der Arzt drüberstolpern könnte oder das der Platz für den Rucksack des Arztes ist. Was weiß ich. Ich schiebe ihn 40cm weiter. Offenbar ist das ok, denn die Sprechstundenhilfe verschwindet wieder.
Während ich wieder warte, versuche ich mich auf das zu besinnen, weshalb ich eigentlich hier bin. Achja, meine Schulter. Was war doch gleich der aktuelle Stand? Achja, die MRT-Bilder. Sie liegen schon auf dem Sprechstundentisch. Welch eine großartige Organisation!
Zehn Uhr fünfundzwanzig. Durch die Lamellen der heruntergelassenen Jalousie kann ich in den Innenhof und auf die gegenüberliegende Wand blicken, an der Werbeplakate hängen, die zum Werben auffordern. Genial. Dort auf diese Weise, wie dort offensichtlich keiner werben will, dafür zu werben, dass dort geworben werden kann, zeugt echt von großartiger Intelligenz. Ich seufze und blicke auf die Uhr. Halb elf.
In der mir selbst gestellten Frage, wie wohl das gängige Patienten-Abfertigungssystem hier funktioniert, wie viele Patienten wohl gleichzeitig in ihrem jeweiligen Sprechzimmer auf den einen Arzt warten, der dann von einem Zimmer zum nächsten hüpft, werde ich abrupt gestört. Er steht wahrhaftig vor mir, der Arzt. Gut dass ich pünktlich war zu meinem Termin, sonst hätte ich womöglich noch lange warten müssen. Nun geht es aber endlich los, endlich fühle ich mich gebührend beachtet.
Er sieht sich die MRT-Bilder begleitet von einigen "Uhs" und "Mmmhs" an. Da habe ich ja schon einen ganz schönen Bluterguss, das Weiße da. Und auch der rekonstruierte Teil ist ja auch wieder ziemlich zerstört. Und hier, das Helle, das ist eine Knochenprellung, die durch den Aufprall entstanden ist. Ich nicke und frage mich, ob das schlimm sei. Offenbar nicht, denn der Arzt scheint eher gelangweilt. Er erklärt mir noch, was es mit den seltsamen Geräuschen auf sich hat, die meine Schulter ab und zu von sich gibt und stellt dann als Fazit auf, dass ich doch besser mal zum Spezialisten gehen solle. Er gibt mir die Hand und verabschiedet sich, die Überweisung bekäme ich an der Rezeption.
Wow, das war's? Bin ich etwa schon fertig? Na, das ging ja mal flott.
An der Rezeption muss die Sprechstundenhilfe erst einmal ein dickes blaues Buch wälzen, um die Adresse des Schulterspezialisten herauszufinden. Währenddessen beobachte ich die kleine hübsche Blonde, doch die ist zu beschäftigt, um mir mehr als zweimal in die Augen zu schauen. Dann soll ich noch einmal Platz nehmen. Offenbar wälzt die Sprechstundenhilfe zum ersten Mal das dicke blaue Buch.
Die junge nicht ganz so attraktive Frau und der kleine Duplo-Junge mit seiner Mutter sind verschwunden. Ich setze mich auf einen anderen Stuhl als vorhin und sogleich spricht mich die alte Dame neben mir an.
"Sagen Sie, hatten Sie einen Termin?"
Nachdem ich etwas verwundert bejahe, erklärt sie mir etwas schnippisch, dass sie ja schon vor mir da gewesen ist und schon mehrere Leute, die nach ihr gekommen sind, vor ihr aufgerufen wurden.
Ich fühle mich etwas schlecht, obwohl ich für die Terminvergabe ja eigentlich nicht direkt verantwortlich bin, doch ehe ich etwas erwidern und mich verteidigen kann, mischt sich eine andere ältere Dame ein.
"Da verwechseln Sie etwas. Der junge Mann saß vorhin dort in der Ecke. Ich hab ihn ja gesehen mit seinem Laptop! Er saß dort schon ziemlich lange."
"Ja, das hab ich schon auch gesehen, aber ich bin ja noch vor ihm gekommen. Ich sitze hier schon seit kurz nach 9."
Naja, so viel länger als ich ist das nun auch nicht, denke ich mir. Die beiden Damen beginnen darüber zu streiten, wer länger gewartet hat: Sie, ich oder der ältere Herr neben dem Garderobeständer. Der lächelt nur und schweigt. Und überhaupt verstehe sie ja das ganze System hier nicht. Und man bekomme ja keine Auskunft darüber. Wie könne das denn sein, dass manche später kommen und trotzdem früher dran sind. Ich vermute, dass es etwas damit zu tun hat, dass sie ihren Termin um 10 Uhr gehabt hätte, aber schon um 9 da war. Sie komme ja mit der Bahn und da wisse man ja nicht so genau, wie lange das dauert. Im Stillen stelle ich mir vor, wie ihr Enkelkind versucht, ihr das Internet zu erklären und sie patzig dieses neumodische Zeug mit einer abfälligen Handbewegung abtut. Naja, dann muss sie halt zur Sicherheit eine Stunde mehr Fahrzeit einplanen statt bvg.de einen Besuch abzustatten. Das letzte Mal habe sie hier aber drei Stunden gewartet und da war sie nicht wesentlich früher da gewesen.
Tja, die Welt ist ungerecht.
10:50. Ich darf meine Überweisung zum Schulterspezialisten abholen und verlasse mit einem Blick auf die alten Damen und einem geringfügig schlechten Gewissen die Praxis. Draußen schlägt mir die herbstlich nasskalte Berliner Vormittagsluft entgegen und ich weiß nicht recht, ob ich mich ärgern soll, dass ich 1,25 Stunden auf ein fünfminütiges Arztgespräch gewartet habe, welches dann lediglich eine Überweisung als Ergebnis hatte, oder ob ich froh sein soll, dass ich keine alte Frau ohne jegliche Kenntnisse des World Wide Web bin und die 1,25 Stunden nutzen und die Website fertig überarbeiten konnte. Ich entscheide mich für letzteres, denn froh sein ist einfach viel gesünder als sich zu ärgern.
Außerdem ist es noch nicht mal 11. So komme ich doch noch pünktlich zum Mittagessen zur Arbeit.

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Freitag, 28. Mai 2010
Der alltägliche Horror
geschrieben am 22.01.2010; 01:28 Uhr
Das lange Telefonat mit ihrer besten Freundin Lara hat gut getan. Jetzt fühlt sie sich deutlich besser. Mit Lara kann sie einfach über alles reden, über ihre Gefühle, über das, was wichtig ist, und über das, was nicht so wichtig ist. Mit Lara zu telefonieren ist immer wie ein reinigender Regen, der all den Staub aus der warmen Sommerluft wäscht. Danach kann man wieder frei atmen.
Jetzt hat sie wieder ein gutes Gefühl im Bauch und ihre Gedanken sind positiv. Lara ist echt ein Schatz!
Sie schaut auf die rosa Uhr über ihrer Zimmertür. Wow! Dreieinhalb Stunden. Selbstverständlich ist das kein Rekord, aber immerhin mehr als üblich. Jetzt ist es schon spät, gleich halb 3. Vor dem Familienessen heute Abend muss sie dringend noch ein paar Dinge erledigen, zur Post, einen Brief einwerfen, für ihre Mutter etwas aus der Drogerie besorgen und vielleicht schafft sie es dann noch, nach einem neuen Schal und anderen Sachen zu schauen.
Sie geht ins Bad und betrachtet sich im Spiegel. Ohje, die Augenringe zeugen von einer langen Nacht. Bilder und Eindrücke des Mädelsabends gestern Abend fliegen vor ihren Augen vorbei und sie muss wieder anfangen zu kichern. Glucksend steht sie vorm Waschbecken und fängt an, ihr Gesicht zu pudern.
Einige Zeit später läuft sie hübsch zurechtgemacht und wieder zum Anbeißen aussehend zum Bus. Sie hat Glück, er kommt sofort. Ohne groß auf die anderen wenigen Fahrgäste zu achten setzt sie sich auf einen der ersten Sitze und hört das neue Lied von Silbermond. "Und wenn Dein Wille schläft, dann weck ihn wieder. Denn in jedem von uns steckt dieser Krieger." Sie holt ihr Handy heraus und beginnt, alte SMS durchzulesen. "Dessen Mut ist wie ein Schwert. Doch die größte Waffe ist sein Herz." Bei einigen der SMS muss sie spontan lächeln, andere erinnern sie an weniger schöne Dinge und sie löscht sie schnell. Ihr Speicher ist immer so schnell voll... "Lasst uns aufstehn. Macht Euch auf den Weg. An alle Krieger des Lichts." Erst als sie aussteigen muss, blickt sie wieder auf. Der Bus ist inzwischen ziemlich voll.
Die Ladenpassage ist lang, die Post liegt ganz am anderen Ende. Viele Menschen sind eilig unterwegs, um die letzten Wochenendeinkäufe zu tätigen, andere bummeln nur aus Langeweile herum. Sie hat noch etwas Zeit, das ist gut, sie mag keine Hektik. Dennoch geht sie zielstrebig durch die Passage und durchaus registriert sie, dass sie wie gewöhnlich von allen Seiten angesehen wird. Die drei Macho-Kerle, die am Eingang herumhängen, rufen ihr irgendeinen Anmachspruch hinterher, der widerliche Opa mit Gehstock sabbert bei ihrem Anblick wahrscheinlich noch bis übermorgen, der eine von zwei in ein Gespräch vertieften Typen mit Rasta-Locken sieht ihr außergewöhnlich lange nach, nicht mal der schüchterne Junge kann sich zusammenreißen und blickt sie im Vorbeigehen klar aus den Augenwinkeln an, ein gut aussehender Mann begutachtet sie ebenfalls von oben bis unten, während er sich lebhaft über sein Handy mit jemandem unterhält und eine kleine Gruppe eigentlich harmlos wirkender Schüler um die 18 kommt ihr lachend entgegen, wobei mindestens drei den Kopf zu ihr wenden. "Lass Dich nicht täuschen, auch wenn's aus Gold ist. Lass Dich nicht blenden, erst recht von falschem Stolz nicht." All diese Blicke registriert sie. Doch kein einziger wird von ihr erwidert.
Gleich hat sie die Postfiliale erreicht, während ihr erneut ein an einem Geländer lehnender Kerl entgegen sieht. Stur blickt sie geradeaus und ekelt sich daran, wie all die widerlichen Typen sie gerade gedanklich durchficken. Gibt es denn keine normalen Menschen auf dieser Welt?

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Dienstag, 19. Januar 2010
Die Kiste
Er kann nicht mehr genau sagen, welche Farbe sie hat. An manchen Stellen ist sie golden, an einigen wenigen hellblau, Braun ist mit dabei, ein helles und warmes Braun. Das bisschen Rot ist schon ziemlich verblasst, es wirkt fast rosa. Die Muster, welche sich in verschiedensten Formen an ihren Seiten befinden, sind nur undeutlich zu erkennen. Es sind Symbole und an Bilder erinnernde Artefakte, doch ihre Bedeutung kann niemand verstehen, er schon gar nicht.
Er sieht sie nicht mehr oft an. Jedes Mal, wenn er es dennoch tut, merkt er, welch Anziehungskraft sie dann wieder auf ihn ausübt. Und das ist nicht gut. Dann schaut er schnell wieder weg.
Sie steht abseits von all den anderen, in der Dunkelheit. Dort, wo er sie abgestellt hat, kommt er nur selten vorbei und das ist wichtig.
Heute steht er wieder vor ihr, in sicherem Abstand. So kann nichts passieren.
Inzwischen ist sie eingestaubt, allein deshalb sind die Farben kaum noch zu erkennen. Doch das Gold scheint trotzdem dünn zu ihm herüber. Sofort wendet er sich ab. Zu stark wäre ihre Kraft, würde er länger hinsehen.
Noch immer ist sie geschlossen. Noch immer halten die dicken Ketten. Er weiß, dass in ihrem Innern ein ungeheurer Druck herrscht. Ein Druck, der niemals nachlässt. Doch solange die Schlösser halten, ist alles gut.
Es war nicht leicht gewesen, so viel von sich selbst womöglich für immer wegzusperren. Doch nur so kann er es schützen. Vor der Zeit.
Er riskiert einen letzten Blick, dann geht er zurück und hat sie schon bald wieder aus seinem Kopf verdrängt. Doch er weiß, dass sie sein Leben lang dort im Schatten stehen wird.
Und er hofft, dass die Ketten niemals reißen werden.

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Montag, 18. Mai 2009
Unterstes Niveau (Part 4) - 'Ein herrlicher Tag'
geschrieben am 19.10.2008
"Ihhh, Papa, kuck mal, da!"
"Was ist denn da, meine Kleine?"
"Eine Schlange!!"
Ihr Vater bremste neben ihr und blickte auf die Stelle, auf die seine Tochter wies.
"Tatsächlich! Das könnte eine Ringelnatter sein."
Seine Tochter wich etwas zurück.
"Ist die gefährlich?"
"Nein, du darfst sie nur nicht ärgern, sonst wird sie wütend."
"Kann die denn auch beißen?"
"Ich denke, das kann sie. Aber ich glaube nicht, dass sie sehr giftig ist. Hier gibt es keine gefährlichen Giftschlangen."
Sie blickte eine Weile auf die braune Schlange, die langsam durch das halbhohe Gras glitt.
"Papa, die ist eklig!"
Er lächelte. "Wollen wir weiterfahren? Mama und Patrick sind schon ganz weit vorne."
"Jaa!"
In dem Moment vibrierte sein Handy. Während seine Tochter übermütig in die Pedale trat, blieb er stehen und las die Kurzmitteilung.
Hey manni können wir uns doch im büro treffen? Bei mir geht es doch nicht, meine eltern kommen früher. Freu mich auf dich!!! Bis nachher Kuss! Lara
Ein angenehmes Kribbeln durchzog seinen Bauch. Seine Antwort war kurz, danach schwang er sich auf den Sattel, um seine Familie einzuholen. Welch ein herrlicher Tag!

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Montag, 2. März 2009
Unterstes Niveau (Part 3) - 'Freizeit mit Sinn'
geschrieben am 14.10.2008
Es war schon spät, noch nicht Nacht, aber die Dämmerung war bereits hereingebrochen.
Zu zehnt saßen sie wie jeden Samstagabend auf den Bänken und auf der Steinmauer im Park und hatten Spaß. Sie fühlten sich stark, sie waren diejenigen, die das Sagen hatten hier. Zusammen würden sie niemandem eine Schwäche entblößen, zusammen würden sie demonstrieren, dass man sich besser nicht mit ihnen anlegte.
Aus dem Handyspeaker schallte lauter Rap. Die Jugendlichen grölten und lallten, die leeren Flaschen lagen teilweise zerbrochen vor ihnen über den Platz verteilt.
Sascha saß auf der Bank, zog ein letztes Mal am Joint und schnippte ihn weg. Vor ihm eine Lache aus schäumendem Speichel. Er war aggro drauf, denn Lasse machte sich wieder mit Händen und Füßen sowie seinem hämischen Grinsen an Jasmin ran. Jasmin war eines der beiden Mädchen unter den acht Kerlen und sie würde nicht zögern, es auch mit allen anderen zu treiben, wenn Sascha ihr das nicht in aller Deutlichkeit verbieten würde. Wahrscheinlich tat sie es aber trotzdem.
"Ey, Alter!"
Er stand auf, ging die paar Schritte hinüber und baute sich vor den beiden auf. Die noch halbvolle Bierflasche zerschellte laut, als er sie in hohem Bogen hinter sich warf.
"Alter, was wirdn dis? Lass sie in Ruhe, klar?"
"Ey, was willst du, ey? Ischab nur mit ihr geredet, Mann! Komma wieda runter!"
"Verarsch misch nisch ja!?! Isch bin nisch blind! Fasst du sie nochma an, bist du fällisch!"
Das fünfzehnjährige Mädchen in Hotpants stand daneben. Ob sie genoss, was hier ablief?
"Is ja jut, Mann! Man wird sisch doch noch ma unterhalten dürfen."
"Ja, aber nisch mit dein' Händn an ihr'n Titten, klar?!!"
Sascha stieß Lasse rüde vor die Brust, zog Jasmin demonstrativ den anderen Arm um ihre Hüfte legend von ihm weg und funkelte seinen "Kumpel" aggressiv aus glasigen Augen an. Dieser hätte womöglich anders reagiert, wäre Sascha nicht ein durchtrainierter Schrank gewesen. So blieb er gezwungenermaßen verhältnismäßig ruhig, obwohl es in ihm deutlich rumorte. Hannes kam mit der Wodkaflasche zu ihnen herüber, wollte Sascha ein wenig zurückhalten, doch der hatte bereits etwas anderes im Kopf.
In diesem Moment nämlich kamen zwei eigentlich unauffällige Jungs in ihrem Alter auf den Platz und versuchten eilig an der Gruppe Jugendlicher vorbeizugehen. Doch sie machten einen Fehler: Sie sahen herüber, der eine sagte etwas zum anderen! Sofort fühlte sich Sascha persönlich angegriffen.
"Ey, ihr Spasten! Kuckt nisch so blöde! Wollt ihr Stress oder was?", blaffte er sie an. "Ja, du! Komm her, Mann!"
Er ließ Jasmin und seine Leute stehen und machte ein paar Schritte hinter den beiden Jungs her. Die taten so, als hätten sie ihn nicht gehört und liefen schnell weiter. "Wollt ihr Schläge, he?"
Er spuckte auf den Boden. Warum hatten diese dummen Idioten immer so viel Schiss und liefen weg?
"Kleine Pussys! Verpisst euch!", rief er ihnen hinterher.
Warum konnte sich nicht mal einer umdrehen und ne Keilerei wollen? Zu acht würden sie denjenigen dann zu Brei schlagen. Er bräuchte das mal wieder. Die Wut musste irgendwohin, raus aus ihm! Eine Schlägerei wäre genau das Richtige.
Er ging zurück zu seinen Leuten. Niemand hatte den Vorfall besonders beachtet, warum auch? Aus dem Augenwinkel sah er im Schein der Laternen eine weitere kleine Gruppe auf sie zukommen. Sofort kochte das Adrenalin wieder in ihm hoch.

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Sonntag, 7. Dezember 2008
Keine Ruhe
Der Gang war dunkel, genauso wie die restlichen Räume des Labors. Draußen hüllte der Mond den Außenbezirk in ein fahles Licht, doch bis in das Gebäude hinein reichte sein kalter Schein nicht.
Plötzlich huschte aus dem Dunkel ein Schatten nahezu lautlos zu einer der weißen Türen mit dem Warnschild, öffnete sie leise und schlüpfte hindurch. Mit einem leisen Klicken schloss die Tür wieder und der Gang lag so ruhig da wie zuvor.
Der Schatten bewegte sich langsam und vorsichtig durch das Labor. Wenig später hatte er gefunden, was er suchte. Behutsam öffnete er eine große metallene Truhe und verstaute ihren Inhalt in seinen Rucksack. Wenig später war der Schatten wieder verschwunden und das Labor schlief weiter, bis die ersten Sonnenstrahlen die Dächer der Häuser erreichten.

Als gegen 7:30 Uhr am Morgen die ersten Angestellten ihren Arbeitstag hinter den weißen Türen begannen, merkte noch niemand das Fehlen. Doch als der Verlust bemerkt wurde, war die Aufregung groß.

In einem Einfamilienhaus irgendwo in der Stadt saß zur gleichen Zeit ein junger Mann in seinem Zimmer und dachte nach. Er fühlte sich alles andere als gut, dabei hatte er doch so fest geglaubt, mit diesem letzte Nacht getanen Schritt für sich alles wieder ins Lot zu bringen. Doch nun merkte er, dass es überhaupt keine Wirkung zeigte. Im Gegenteil. Er fand keine Ruhe.
Dies änderte sich auch nicht am Tag danach. Und am darauf folgenden. Es änderte sich überhaupt nicht mehr. Es ließ ihm keine Ruhe.
"Junge, was ist mit dir los? Du bist unglücklich."
Da zeigte der junge Mann beschämt und resigniert seinen Eltern, was er gestohlen hatte.
"Junge, warum hast du das denn getan?"
"Damals hatte ich ihnen so viel davon gegeben, ohne ein Danke zu hören. Es war alles umsonst, ich bekam nichts. All die Zeit, sie war völlig verschwendet... Also holte ich sie mir zurück."
Er blickte verlegen zu Boden.
"Junge", begann sein Vater zu sprechen und legte einen Arm um die Schultern seines Sohnes, "man kann sich die Zeit nicht zurückholen, die man einst verschenkt hat. Versuchst du, sie zu stehlen, so fehlt sie dem andern, doch dir selbst wird sie niemals gehören.
Weißt du, es ist nicht immer leicht, aber wenn du glaubst, sie fehle dir, dann halt nur die Augen offen und sieh in dich hinein. Sieh genau hin - und du kannst sie dir einfach nehmen. Denn sie ist bereits da."

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Samstag, 25. Oktober 2008
Unterstes Niveau (Part 1) - oder 'Straßenfeger'
geschrieben am 14.10.2008
Nach dem Warnsignal gehen die Türen zu. Leise summend setzen sich die aneinandergereihten S-Bahn-Triebwagen in Bewegung. Die wenigen Fahrgäste sind in Bücher, Zeitungen oder ihre Musik im Ohr vertieft, während plötzlich die angenehme Stille durch ein plärrendes Geräusch gestört wird.
"Einen wunderschönen Guten Tag die Damen und Herren, ich möchte Sie gar nicht lange stören, deswegen bitte ich Sie nur kurz um Ihre Aufmerksamkeit."
Die Stimme des schäbig gekleideten Mannes klingt schnarrend, monoton und gequält.
"Seit einem Jahr bin ich arbeitslos und habe seit fünf Monaten auch keine feste Bleibe mehr. Um mir ein Dach über dem Kopf leisten zu können, verkaufe ich jetzt den 'Straßenfeger'. Wenn Sie mir eine Zeitung abkaufen würden oder eine kleine Spende für mich hätten, würde ich mich sehr freuen. Ich wünsche Ihnen noch eine angenehme Weiterfahrt und einen schönen Abend."
Er beginnt die Reihen abzugehen.
"Hier hinten vielleicht noch jemand Interesse? ... Haben Sie vielleicht ein bisschen Kleingeld übrig? ..."
Er verlässt den Wagon ohne einen Cent bekommen zu haben. Natürlich hatten die Menschen Kleingeld übrig, doch sie haben den Mann nicht einmal angesehen.
Von ihrem schlechten Gewissen jedoch kann er sich auch heute wieder keine warme Mahlzeit leisten.

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Mittwoch, 13. August 2008
Farbenfroh
geschrieben am Freitag, 22. Februar 2008
Natürlich hatten sie schon vorher getrunken. Das macht man schließlich so, um schon gut gelaunt anzukommen und von Beginn an feiern zu können. Was war schon dabei? Ein paar Bierchen, einige Kurze und ein Wodka-Fruchtsaft-Mix aus der 1,5-Liter-Cola-Flasche. Betrunken war keiner von ihnen, höchstens angeheitert. Genau richtig, so dass man gut drauf war. Schließlich wollten sie heute Spaß haben und die Bude rocken. Wer alles kommen würde, war nicht ganz klar, doch dass es sehr viele werden würden, wussten sie. Die meisten würden sie aus der Schule kennen, andere spätestens beim dritten Schnaps zu ihren Freunden zählen.
Sie mussten natürlich bereits in Partylaune sein, wenn sie dort auftauchten. Einen lahmen Haufen langweiliger Griesgräme konnte dort niemand gebrauchen. Sie wollten alle Spaß.
Als Kai, Dominik, Sascha und Sören bei Sandra an der Tür klingelten, war die Fete bereits gut besucht. Es war ja auch schon halb 12. Die vier wankten hinein in die dicke Luft und Schwaden aus Qualm, lauten Beats, Stimmengewirr und Gelächter. In allen Zimmern drängten sich die Gäste und im Zwielicht brauchten die vier Jungs dank bereits einiger Umdrehungen im Blut mehr als zwei Augenblicke, um die Gesichter im Raum den ihnen bekannten Personen zuordnen zu können. Doch schon bald war man vertieft in weltbewegende Diskussionen, verbrüderte sich mit den Freunden von Freunden und trank auf die Gastgeberin und den Weltfrieden. Die Stimmung war klasse. Ab und zu wurde auf die Toilette gewankt. Danach lag man sich mit dem vorm Klo Wartenden in den Armen und wünschte ihm viel Glück für sein weiteres Leben. Joints gingen rum, jeder zog mal. Wurde gehustet, ging das Gegröle los und aus Angebern wurden ausgelachte Milchbubis. Schon bald war man mit allen und jedem verwandt und es störte niemanden, dass Sascha wild mit der Freundin eines neuen besten Kumpels inmitten aller anderen herumknutschte. Die ersten verzogen sich unerlaubterweise auf die Zimmer im Obergeschoss; dass dort sonst die Eltern schliefen, interessierte die Jugendlichen nicht. Es wurde an jeder Ecke angeprostet, der Kühlschrank war bereits zum vierten Male leer und die milden Gaben von Neuankömmlingen wurden augenblicklich konfisziert und vernichtet.
Gegen zwei Uhr kam eine Gruppe von jungen Männern und mischte sich unter die ausgelassen feiernden Partygäste. Keiner fragte sich, woher sie kamen und wer sie waren, obwohl sie niemand eingeladen hatte. Stattdessen gab man ihnen Drinks und erzählte ihnen freundschaftlich, was man persönlich von der Unabhängigkeit des Kososo oder wie das Land da neben Jusoschlawnien, ach nee, Serbien, hieß, so hielt. In ihrem Rausch bemerkte niemand die unauffälligen Bewegungen. Doch die Party wurde nur besser. Wenig später lagen die ersten auf dem Boden und lallten wirre Worte, doch anscheinend schienen sie sich ausgesprochen wohl zu fühlen. Auch Kai begann zu schweben. Die Sternchen über Karens Kopf glitzerten bunt und ihr Gesicht bekam einen süßen Rotstich. Er lächelte und merkte verdutzt, wie er dabei nach links kippte. Zu spät fand er mit den Händen Halt an einer Jacke und sackte auf der Treppe zusammen. Doch es war wie ein Segelflug. Niemals hätte er gedacht, dass Umfallen so weich sein konnte. Und er sah den Sternenhimmel dabei. Und mittendrin Karens Gesicht. Und noch andere Gesichter. Er blinzelte und lächelte. Geile Party. Abgefahren. Das musste er Dominik erzählen, das mit dem Segelfliegen und den Sternen. Er stand auf, wollte ins Wohnzimmer zurückgehen, wo er vor einer Weile gewesen war, und merkte, dass er immer noch auf dem Boden im Flur lag. Verwundert sah er angestrengt nach rechts und bemerkte einen Fuß in seinem Gesicht. Er wollte nach ihm greifen, doch vor seinen Augen verschwamm das Bild und begann sich wirr zu drehen. Die Sterne wurden mehr. Bunte Farben mischten sich darunter und der Fuß verschwand wieder aus seinem Blickfeld. Merkwürdig... Aber verdammt krass. Das musste er Dominik erzählen. Aber erstmal wollte er den Farben zugucken. Raum und Zeit hatten aufgehört zu existieren.

Als er aufwachte, schmerzte sein linker Arm, seine Hüfte, aber vor allem sein Kopf. Er öffnete die Augen und wurde geblendet von beißend grellem Licht. Alles war weiß. Und das Weiß drehte sich im Kreis. Überfordert schloss Kai wieder die Augen und dachte an nichts.
Wenig später wagte er einen neuen Versuch. Das Schwindelgefühl hatte etwas nachgelassen und er konnte seinen Kopf etwas bewegen. Der Raum, in dem er lag, war definitiv ein Krankenhauszimmer. Fuck! Warum war er in einem Krankenhaus? Was war passiert? Warum tat ihm alles weh? Er stöhnte. Die Erinnerung war weg. Verdammt, was war passiert?? Warum war er verkabelt auf diesem Bett? Erschöpft kehrte er zurück in die Geborgenheit des Schlafs.
Seine Eltern und ein paar Freunde mussten ihn aufklären. Sie kamen nach einer Weile herein und schienen sichtlich erleichtert, ihn ansprechbar anzutreffen. Er wusste von nichts mehr. Nichts von der Party, nichts von den fremden Leuten, nichts von den Pillen.
Es war ihm wahrlich nicht gut gegangen in jener Nacht und den folgenden Tagen im Krankenhaus. Doch im Gegensatz zu Dominik würder er diesen Abend noch bereuen können.

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Mittwoch, 9. Juli 2008
Mit den Möwen
geschrieben am Mittwoch, 7. November 2007

Es war sein letzter Abend hier. Morgen würde er zurückfahren.
Unentschlossen ging H. gemächlich Richtung Strand und sah sich um. Der Himmel war wolkenlos und hatte bereits den allabendlichen Rotstich bekommen. Es war windstill und H. konnte bereits die Wellen hören, die gegen die Kaimauern platschten. Er würde einfach noch ein bisschen am Wasser entlanggehen, bis die Sonne unterging, entschied er und schlenderte zum See.
Obwohl Urlaubssaison war, hatte sich die Strandpromenade schon ziemlich geleert, sie war nahezu menschenleer. Es war ihm nur recht. Er mochte den ganzen Trubel nicht, wenn die Leute laut riefen und hektisch durch die Gegend rannten. Überhaupt war er kein Freund von großen Menschenmengen. Er wusste nicht einmal, warum er überhaupt hier war. Erst am Abend konnte er hinaus, dann, wenn die vielen Massen nicht mehr in der Hitze brüteten, sondern sich anderweitig vergnügten.
Seine nackten Füße taten ein paar Schritte über den ausgetrockneten, mit spärlichem Gras bewachsenen Boden. Er mochte das Gefühl, wenn die kurzen Halme seine Zehen streiften.
Das Wasser gurgelte an der Mauer. Der See lag schwarz vor ihm.
Er überlegte, wohin er gehen sollte. Westen oder Osten? Die Entscheidung wurde ihm abgenommen, als er in einiger Entfernung links von sich eine Horde viel zu lauter und ausgelassen feiernder Menschen ausmachen konnte.
Die Hände in den Taschen seiner Shorts schlenderte er langsam am Ufer entlang und sah den Wellen zu. Ein paar Möwen segelten hoch über seinem Kopf umher und schrien. Er sah zu ihnen hinauf, blieb stehen und lächelte. Sie waren frei. Er wünschte, er könnte hoch zu ihnen und mit ihnen fliegen. Eine Weile sah er ihnen zu, dann senkte er wieder den Blick und betrachtete das Wasser, in dem sich das Licht der untergehenden Sonne nun in tausenden von kleinen Wellen spiegelte und funkelnd und schimmernd die letzten Minuten des Tages auf wunderschöne Art und Weise zelebrierte. Eine besänftigende Ruhe kam in H. auf. Ihm wurde warm, während er sich verträumt voll und ganz dem Glitzern hingab.

Und auf einmal fühlte er sich frei. Frei wie die Möwen. Er konnte fliegen, über das Wasser, über den See, hin zum Licht, zur Sonne... Nichts konnte ihn aufhalten. Die leuchtenden Wellen unter ihm plätscherten immer leiser, das Licht kam näher... Es war wunderschön. Die Zeit blieb stehen und ließ den Moment unsterblich werden...

Bild-Quelle: http://www.plettenberg-bay.com/images/moewe600.jpg

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