Ein paar kurze Worte...
...über die Welt und auch ein bisschen über mich
Mittwoch, 17. Juli 2013
"Bis dann!"
Kälte. Distanz. Misstrauen. Respektlosigkeit. Enttäuschung.
All das spüre ich, als ich nur noch den Rücken sehe und der Blick jener Person, mit der ich mich die letzten Minuten über intensiv ausgetauscht hatte, endgültig von mir abgewandt ist. Nein, das Gespräch war nett. Es war sogar erwärmend und freundschaftlich. Keine Spur von alledem, was ich jetzt empfinde und meine Seele irritiert in Gedanken zurücklässt, während mein Körper in Automatismen fortfährt, sich auf den Sattel setzt, in die Pedale tritt, den Weg vor sich fixiert.

Ein Handschlag, welcher Art auch immer, symbolisiert Nähe, Respekt, Verbundenheit. Sich zur Begrüßung die Hand zu geben bedeutet, ab nun in einer direkten Verbindung zu seinem Gegenüber zu stehen. Diese wird erst aufgehoben, wenn ein erneutes Händereichen zur Verabschiedung stattfindet: Die Verbindung wird wieder getrennt. Unterbleibt der erste Handschlag, jener des Begrüßens, mag das befremdlich wirken, doch kann die fehlende symbolische Herstellung der Verbindung zwischen den Personen nachgeholt werden, in dem sie am Ende durch einen Verabschiedungshandschlag gekappt wird. Gekappt werden kann eine Verbindung nur, wenn sie vorher hergestellt worden ist. Demnach muss bei einem Verabschiedungshandschlag eine solche Verbindung bestanden haben - oder im Laufe des Gesprächs enstanden sein.
Umgekehrt sieht es anders aus. Das Verweigern des Handschlags oder auch schlichtweg das Verabschieden, ohne sich die Hand zu geben, zeigt: Es hat nie eine Verbindung gegeben oder: Falls es mal eine gegeben hat, gab es sie schon vor der den Handschlag vermissenden Verabschiedung nicht mehr.

Das Händereichen zeigt dem Gegenüber: Du respektierst ihn, du schätzt ihn wert, du achtest ihn. Egal, wann du ihn wiedersehen wirst, auch wenn es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sehr bald sein wird, vielleicht sogar schon in einer Stunde: Reiche ihm bei der Verabschiedung die Hand! Zumindest sofern du das Bedürfnis danach hast, ihm ein Gefühl der Achtung und des Respekts zu vermitteln. Bei Freunden sollte dies der Fall sein.

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Montag, 29. Oktober 2012
Die Nacht
Es ist kalt inzwischen. Über ihm blinken die Sterne am Firmament, der von ihnen leicht erhellte Himmel ist wolkenlos. Die Vorboten des Winters sind angekommen in der Stadt, haben die Wärme des fruchtbaren und ertragreichen Herbstes verjagt. Kristallklar die Luft, still und ruhig die Straßen.
Er hört seinen Atem und die raschelnden Blätter unter seinen Schuhen. Jedes Geräusch scheint verstärkt zu sein, seine Sinne sind in Höchstform. Niemand läuft ihm über den Weg, ohne Hast schreitet er durch die engen Gassen.
Ihre Haut war so weich. Zart. Groß ihre Augen. Seltsame Gedanken hatten seinen Kopf durchdrungen, als er in sie sah. Gedanken, die er nicht deuten konnte. Es war nur ein kurzer Moment. Doch er hatte etwas ausgelöst. Etwas, das er nicht greifen konnte.
Dennoch, er fühlt sich nicht schlecht. Er ist ganz im Hier und Jetzt, die Nacht sein Freund. Sie nimmt ihm das soeben Vergangene ab, befreit ihn von der Last. Er ist frei. Bilder zersplittern ungesehen, Gedanken erfrieren ungedacht.

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Mittwoch, 2. November 2011
Was prägt unsere Persönlichkeit?
Dieses Schreiben lag gestern leicht abgewandelt und zusammen mit einem 8 Fragen enthaltenden Fragebogen in meinem Briefkasten. Cool, dachte ich, da will jemand meine Meinung hören. Persönlichkeit, Gene, Verhaltensmuster - geil, darüber habe ich mir schon oft Gedanken gemacht, da mach ich mal mit.
Doch dann las ich das Kleingedruckte und statt den ausgefüllten Fragebogen steckte ich diesen Brief ins Antwortkuvert.

Das passiert, wenn man mich mit Köder-Umfragen lockt und anschließend enttäuscht! Ha! Das haben sie (oder der Mülleimer unterm Schreibtisch der zuständigen Sachbearbeiterin) jetzt davon!

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Dienstag, 1. November 2011
Nachmittags in der Mensa
Die dicke Frau hinter der Theke klatscht mir zum Glück einen zweiten Schöpfer Hühnerfrikassee auf den Teller. "Jemüse?"
"Nee, danke."
Pah, Gemüse? Die paar nach nichts schmeckenden Dosen-Möhrchen nennt sie Gemüse? Mir reichen die paar Erbsen im Reis, das sind genug Vitamine für drei Tage.
"Biddeschööön, juten Appetit!"
"Danke."
Vielleicht werde ich ja doch irgendwie satt.

Wenn man lange genug hier essen war, kennt man irgendwann die Tricks, wie man am ehesten spart und doch annähernd satt wird. Während es nämlich um die Mittagszeit so voll ist, dass die Schlange aus Studenten und Mitarbeitern der umliegenden Institute bis draußen vor die Tür reicht und sich mit der Schlange vorm Prepaid-Automaten verheddert, an dessen Kopf die Hälfte der Leute dann ihre Karte doch nicht auflädt, ist es jetzt um diese Zeit ruhig, denn in 15 Minuten schließt die Essensausgabe. Da müssen die Reste natürlich noch schnell weg und die wenigen Hungrigen, die so spät noch auf die Idee kommen, Mittag zu essen, kommen in den Genuss, ein wenig mehr vom Übriggebliebenen auf den Teller gepantscht zu bekommen, so dass die Menge in Kombination zur Qualität sogar in etwa dem Preis gerecht wird.
Ich kratze mir noch, wie üblich, einen mit 70 Cent viel zu teuren Joghurt aus den Resten im Joghurtbottich zusammen. Die begehrten Fruchtstückchen sind längst herausgeklaubt worden, aber ein fruchstückloser Joghurt ist immer noch besser als gar keiner, auch wenn er halt viel zu teuer ist. Aber diesen Luxus gönne ich mir seit geraumer Zeit.

Es bringt jedoch nicht nur Vorteile, spät Mittag essen zu gehen. Je weniger Kunden, desto mehr fällt die Unfreundlichkeit der Mensa-Tanten auf den einzelnen. Die Tanten in orange neigen zum Beispiel dazu, möglichst laut und hektisch ihren Arbeitstag enden zu lassen, rennen hin und her und ziehen einem, kaum hat man aufgegessen, das Tablett unter der Nase weg, um es abspülen und Feierabend machen zu können. Das ist so eine Unannehmlichkeit, die man halt in Kauf nehmen muss, wenn man der letzte Mensagänger am Tag ist und alles nur noch darauf wartet, dass du endlich alles in dich hineingeschlungen hast und dich verdünnisierst.
Ich mag es grundsätzlich nicht, wenn alles auf mich wartet. Deshalb habe ich immer ein schlechtes Gewissen, wenn ich der Letzte bin. Heute jedoch sitzt noch ein anderer Gast ganz alleine an einem der vielen Tische und kaut vor sich hin.
Sehr gut, dann kann ich mir ja Zeit lassen.

Ich schiebe Löffel für Löffel Hühnerfrikassee in mich rein und lese dabei Seite um Seite eines lustigen Buchs. Ab und zu schaue ich auf.
Gut, der Kerl sitzt auch noch da. Ich lese beruhigt weiter.
Ich fühle mich bereits einigermaßen gefüllt, gehe zum Joghurt über und erwarte eigentlich jeden Moment die unfreundliche Mensa-Hexe, die sonst immer ungeduldig herumtigert und dann alle zwei Minuten schaut, wie weit ich mit dem Essen bin. Doch es kommt eine andere Mensa-Tante und fängt an, am Nebentisch in einer Schüssel irgendeinen Teig zu rühren. Ist in der Küche gerade Party, dass dort kein Platz ist, frage ich mich stirnrunzelnd und lese weiter.
Auf einmal kommt sie an meinen Tisch und klaut mir den Zuckerstreuer. Nicht dass ich den jetzt brauchen würde für meinen Joghurt, aber auf jedem anderen Tisch steht doch ebenfalls Zucker. Ich schaue nicht auf, sondern versuche nur leicht verwundert und verärgert, mich wieder auf den Satz zu konzentrieren, aus dem sie mich gerade herausgerissen hat. Die Tante entfernt sich wieder und streut etwas Zucker in ihre Schüssel. Was zur Hölle...?
Plötzlich kommt sie wieder und klaut die bunten Fähnchen von meinem Tisch.
Ich blicke nun ernsthaft irritiert auf und sehe mich um. Hm, okay, auf allen anderen Tischen fehlen die Fähnchen, die letzte Woche überall als Deko zu finden waren, bereits. Gut, offenbar ist die Aktionswoche vorbei, sage ich mir, und lese weiter.
Doch die Tante kommt tatsächlich ein drittes Mal und fummelt einfach mal am Salz- und Pfefferstreuer herum, der von mir allerdings WIRKLICH gebraucht wird. Zwar nicht für den Joghurt, aber um mein Buch aufgeschlagen zu halten: Ich habe es so befestigt, dass es im Griff der Streuerhalterung eingeklemmt ist und ich die Hände frei habe zum Essen. Und da kommt diese blöde dreiste Tante und rüttelt ohne mir ersichtlichen Grund an dem Streuer rum, so dass mein Buch natürlich zuklappt und ich nicht mehr weiß, auf welcher Seite ich gerade war. Super! Danke, blöde Tante! Es gibt ja auch sonst keinen Tisch, auf dem Salz und Pfeffer stehen... Da muss man schon den einzigen besetzten Tisch wählen, um... Moment mal, mir fallen zwei Dinge schlagartig auf. Erstens nimmt sie weder Salz noch Pfeffer mit, sondern geht unverrichteter Dinge und mich mit zugeklapptem Buch und zusammengezogenen Augenbrauen zurücklassend einfach wieder zu ihrer Schüssel, und zweitens bin ich ja wirklich der einzige besetzte Tisch. Der Kerl von da drüben ist verschwunden und ich bin mal wieder der Letzte.
Vielleicht sollte das von ihr ein dezenter Hinweis sein, dass es Zeit ist, nun endlich zu spachteln und den Speisesaal geschwind zu verlassen. Ich bin zwar tatsächlich einigermaßen satt, doch ich finde, dass man das Unterhaltungsprogramm für die Spätesser künftig von dicken, Teig rührenden, aufdringlichen Mittfünfzigern besser in niedliche Tabledancerinnen Anfang 20, die aber gerne genauso aufdringlich sein dürfen, tauschen sollte. Das wäre zumindest deutlich kundenfreundlicher. Vielleicht schlage ich das der Mensaverwaltung mal vor. Freie Tische gäbe es um diese Uhrzeit jedenfalls genug.

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Samstag, 29. Oktober 2011
Beim Orthopäden
Eigentlich muss ich um 9 Uhr morgens auf Arbeit sein. Spätestens. Da beginnt nämlich die Kernzeit. Ausnahmen gibt es aber natürlich. Zum Beispiel, wenn man zum Arzt muss, so wie ich heute. Es ist nichts Dramatisches, nichts Akutes, aber es muss halt sein. Also hatte ich den Termin extra so früh wie möglich gelegt, um möglichst wenig Kernzeit zu verpassen. 9:15 wurde mir gesagt.
Um 9:05 stehe ich also an der Rezeption und bin schon überrascht, dass gar keine Schlange davor steht so wie letztes Mal. Streng genommen ist sogar gar niemand davor und ich kann mich quasi gar nicht hinten anstellen. Dafür ist das Wartezimmer, das sich direkt zu meiner Linken befindet, rappelvoll. Aber das beunruhigt mich erst einmal nicht sonderlich. Schließlich habe ich einen Termin in 10 Minuten. Nachdem ich etwa eine Minute lang an der Rezeption gestanden habe, werde ich das erste Mal beachtet.
"Ich hab einen Termin um Viertel nach.", rechtfertige ich mein Auftauchen und füge meinen Namen an.
"Dann hätte ich gerne Ihre Versichertenkarte und die Überweisung oder 10€ Praxisgebühr."
Ach Scheiße. Der letzte Besuch ist ja noch im vorigen Quartal gewesen und ausgerechnet heute habe ich keinen einzigen Euro im Portemonnaie, weil ich gestern so nett gewesen bin, jemandem Geld auszulegen. Eine Überweisung habe ich natürlich auch nicht. Also überreiche ich schon einmal ein paar MRT-Bilder meiner Schulter und mache mich auf den Weg zu einem Bankautomaten. Zehn Minuten später ist das erledigt und ich darf Platz nehmen. Wie lange ich denn warten müsse, will ich wissen. Die Sprechstundentante tippt irgendwas in ihren Computer und stiert angestrengt und vorgebeugt auf ihren Bildschirm, ehe sie mir antwortet, dass noch drei Patienten vor mir dran sind. Das ist nun nicht wirklich eine Antwort auf meine Frage und so versuche ich eine andere Strategie, die sie vielleicht nicht so überfordert. Ich schätzte etwa eine halbe Stunde. Dankbar für meinen Vorschlag, nickt sie eifrig.
Nun gut, 30 Minuten sind ja noch akzeptabel. Ich finde sogar noch einen freien Stuhl in der Ecke, neben einer von Nahem dann doch nicht mehr so attraktiven jungen Frau wie von Weitem, und setze mich. Damit bin ich nach dem 10-Jährigen, der am Spieltisch mit Duplo spielt, mit am meisten Ausschlag gebend für das Senken des Altersdurchschnitts der Wartenden um ein paar Jahrzehnte und dazu hebe ich den Anteil der Personen ohne Migrationshintergrund im Raum deutlich an. Die junge Frau neben mir fixiert ihr Handydisplay und versuchte sich in Tetris.
Aus meinen Ohrstöpseln dringt entspannende Musik und ich überlege, ob es sich in 30 Minuten lohnt, meinen Laptop herauszuholen und ebenso Tetris zu spielen. Oder vielleicht noch ein bisschen an Diesem und Jenem zu schreiben. Ich entschließe mich dazu. Doch da in der Arztpraxis natürlich kein frei zugängliches W-LAN-Netz existiert, sind meine Möglichkeiten, hier E-Mails zu schreiben, Blogeinträge zu verfassen oder sich über die unglaublich wichtigen Neuigkeiten so mancher Facebook-"Freunde" zu amüsieren, erheblich eingeschränkt. Auf Tetris habe ich dann auch keine Lust, will meine Sitznachbarin schließlich auch nicht mit meiner um ein Vielfaches größeren Bildschirmdiagonalen verhöhnen, und so überarbeite ich einfach eine Weile die Website meines Vereins. Das geht auch offline.
Nach dieser Weile gibt es aber nichts mehr zu überarbeiten, auf Tetris habe ich immer noch keine Lust und so klappe ich das Ding wieder zu. Der Blick auf die Uhr lässt mich staunen. Es ist bereits kurz nach 10. Mit den 30 Minuten habe ich offenbar doch nicht so ganz richtig gelegen. Ich greife erneut in meinen Rucksack, krame "Mein wunderbarer Wedding" hervor und beginne zu lesen. Die junge Frau spielt weiterhin Tetris und der Junge Duplo. Dabei stellt er sich so dämlich an, dass ihm jeder zweite Stein mit nervigem Geklapper vom Tisch fällt und die entspannende Musik in meinen Ohren übertönt wird. Der Rest der Wartenden ist in Prospekte und Zeitschriften vertieft oder starrt abwesend vor sich hin. Ab und zu wird jemand aufgerufen und erwacht, aufgeschreckt durch den eigenen Namen, aus seiner Trance.
Um zehn nach zehn stelle ich mal meine Musik leiser, denn ich will nicht riskieren, "mich" zu verpassen. Wer weiß, ob die einen zweimal ausrufen.
Ich stecke gerade im dritten Kapitel, als ich schließlich an der Reihe bin. Ist ja auch erst zwanzig nach zehn. Erleichtert packe ich meine Sachen und gehe mit neidischen Blicken der anderen bedacht in die Hinterräume der Praxis. Eine Sprechstundenhilfe - leider nicht die hübsche kleine blonde, sondern eine mitteljunge Deutschtürkin, die in etwa mit der gleichen Begeisterung ihrem Job nachgeht wie Frau Merkel zum Frisör - geleitet mich bis ins Sprechzimmer C, wo ich meinen Rucksack abstelle und mich setze. "Nee, den Rucksack müssense da wegstellen bidde, weil..." Den Rest verstehe ich akustisch nicht, zu sehr gebrabbelt ist die Begründung, die sie hat. Vielleicht weil der Arzt drüberstolpern könnte oder das der Platz für den Rucksack des Arztes ist. Was weiß ich. Ich schiebe ihn 40cm weiter. Offenbar ist das ok, denn die Sprechstundenhilfe verschwindet wieder.
Während ich wieder warte, versuche ich mich auf das zu besinnen, weshalb ich eigentlich hier bin. Achja, meine Schulter. Was war doch gleich der aktuelle Stand? Achja, die MRT-Bilder. Sie liegen schon auf dem Sprechstundentisch. Welch eine großartige Organisation!
Zehn Uhr fünfundzwanzig. Durch die Lamellen der heruntergelassenen Jalousie kann ich in den Innenhof und auf die gegenüberliegende Wand blicken, an der Werbeplakate hängen, die zum Werben auffordern. Genial. Dort auf diese Weise, wie dort offensichtlich keiner werben will, dafür zu werben, dass dort geworben werden kann, zeugt echt von großartiger Intelligenz. Ich seufze und blicke auf die Uhr. Halb elf.
In der mir selbst gestellten Frage, wie wohl das gängige Patienten-Abfertigungssystem hier funktioniert, wie viele Patienten wohl gleichzeitig in ihrem jeweiligen Sprechzimmer auf den einen Arzt warten, der dann von einem Zimmer zum nächsten hüpft, werde ich abrupt gestört. Er steht wahrhaftig vor mir, der Arzt. Gut dass ich pünktlich war zu meinem Termin, sonst hätte ich womöglich noch lange warten müssen. Nun geht es aber endlich los, endlich fühle ich mich gebührend beachtet.
Er sieht sich die MRT-Bilder begleitet von einigen "Uhs" und "Mmmhs" an. Da habe ich ja schon einen ganz schönen Bluterguss, das Weiße da. Und auch der rekonstruierte Teil ist ja auch wieder ziemlich zerstört. Und hier, das Helle, das ist eine Knochenprellung, die durch den Aufprall entstanden ist. Ich nicke und frage mich, ob das schlimm sei. Offenbar nicht, denn der Arzt scheint eher gelangweilt. Er erklärt mir noch, was es mit den seltsamen Geräuschen auf sich hat, die meine Schulter ab und zu von sich gibt und stellt dann als Fazit auf, dass ich doch besser mal zum Spezialisten gehen solle. Er gibt mir die Hand und verabschiedet sich, die Überweisung bekäme ich an der Rezeption.
Wow, das war's? Bin ich etwa schon fertig? Na, das ging ja mal flott.
An der Rezeption muss die Sprechstundenhilfe erst einmal ein dickes blaues Buch wälzen, um die Adresse des Schulterspezialisten herauszufinden. Währenddessen beobachte ich die kleine hübsche Blonde, doch die ist zu beschäftigt, um mir mehr als zweimal in die Augen zu schauen. Dann soll ich noch einmal Platz nehmen. Offenbar wälzt die Sprechstundenhilfe zum ersten Mal das dicke blaue Buch.
Die junge nicht ganz so attraktive Frau und der kleine Duplo-Junge mit seiner Mutter sind verschwunden. Ich setze mich auf einen anderen Stuhl als vorhin und sogleich spricht mich die alte Dame neben mir an.
"Sagen Sie, hatten Sie einen Termin?"
Nachdem ich etwas verwundert bejahe, erklärt sie mir etwas schnippisch, dass sie ja schon vor mir da gewesen ist und schon mehrere Leute, die nach ihr gekommen sind, vor ihr aufgerufen wurden.
Ich fühle mich etwas schlecht, obwohl ich für die Terminvergabe ja eigentlich nicht direkt verantwortlich bin, doch ehe ich etwas erwidern und mich verteidigen kann, mischt sich eine andere ältere Dame ein.
"Da verwechseln Sie etwas. Der junge Mann saß vorhin dort in der Ecke. Ich hab ihn ja gesehen mit seinem Laptop! Er saß dort schon ziemlich lange."
"Ja, das hab ich schon auch gesehen, aber ich bin ja noch vor ihm gekommen. Ich sitze hier schon seit kurz nach 9."
Naja, so viel länger als ich ist das nun auch nicht, denke ich mir. Die beiden Damen beginnen darüber zu streiten, wer länger gewartet hat: Sie, ich oder der ältere Herr neben dem Garderobeständer. Der lächelt nur und schweigt. Und überhaupt verstehe sie ja das ganze System hier nicht. Und man bekomme ja keine Auskunft darüber. Wie könne das denn sein, dass manche später kommen und trotzdem früher dran sind. Ich vermute, dass es etwas damit zu tun hat, dass sie ihren Termin um 10 Uhr gehabt hätte, aber schon um 9 da war. Sie komme ja mit der Bahn und da wisse man ja nicht so genau, wie lange das dauert. Im Stillen stelle ich mir vor, wie ihr Enkelkind versucht, ihr das Internet zu erklären und sie patzig dieses neumodische Zeug mit einer abfälligen Handbewegung abtut. Naja, dann muss sie halt zur Sicherheit eine Stunde mehr Fahrzeit einplanen statt bvg.de einen Besuch abzustatten. Das letzte Mal habe sie hier aber drei Stunden gewartet und da war sie nicht wesentlich früher da gewesen.
Tja, die Welt ist ungerecht.
10:50. Ich darf meine Überweisung zum Schulterspezialisten abholen und verlasse mit einem Blick auf die alten Damen und einem geringfügig schlechten Gewissen die Praxis. Draußen schlägt mir die herbstlich nasskalte Berliner Vormittagsluft entgegen und ich weiß nicht recht, ob ich mich ärgern soll, dass ich 1,25 Stunden auf ein fünfminütiges Arztgespräch gewartet habe, welches dann lediglich eine Überweisung als Ergebnis hatte, oder ob ich froh sein soll, dass ich keine alte Frau ohne jegliche Kenntnisse des World Wide Web bin und die 1,25 Stunden nutzen und die Website fertig überarbeiten konnte. Ich entscheide mich für letzteres, denn froh sein ist einfach viel gesünder als sich zu ärgern.
Außerdem ist es noch nicht mal 11. So komme ich doch noch pünktlich zum Mittagessen zur Arbeit.

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Mittwoch, 14. September 2011
Beim Gewinnspiel gewinnt immer nur einer: der Anbieter.
Folgende (leicht veränderte) Story habe ich auf einer Witzeseite im Internet gefunden. Zum Brüllen komisch finde ich sie allerdings nicht, doch sicherlich wird man drüber schmunzeln. Denn so dumm ist die Idee nicht. Nur würde man dafür heutzutage eine ordentliche Strafe kassieren, käme soetwas heraus. Oder doch nicht? Ist es nicht sogar gängige Praxis?

Ein Bauer besaß einen Esel, musste ihn jedoch wegen Geldknappheit verkaufen. Noch am selben Tag fand er einen Käufer. Er bekam das Geld und versprach, das Tier gleich morgens am nächsten Tag beim Käufer abzuliefern.
Am nächsten Tag kam der Bauer beim Käufer vorbei, doch der Esel war über Nacht gestorben.
"In dem Fall", sagte der Käufer, "will ich mein Geld zurück."
Der Bauer gab kleinlaut zu, dass er das Geld schon am Vortag ausgegeben hatte, um seine Schulden zu begleichen. Also sagte der Käufer, er wolle dann den toten Esel haben.
"Gut, aber was willst du mit dem Kadaver?"
"Ich werde ihn verlosen!"
"Du kannst doch keinen toten Esel verlosen!"
"Sicher kann ich, pass nur auf: Ich sage niemandem, dass er tot ist!"
Eine Woche später treffen sich die beiden wieder.
"Na, bist du den toten Esel losgeworden?"
"Sicher! Ich habe 500 Lose zu je 2 Euro verkauft und hab 998 Euro Gewinn gemacht!"
"Hat sich denn da keiner beschwert?"
"Nur der, der gewonnen hat. Und dem hab ich seine zwei Euro zurückgegeben."

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Montag, 25. Juli 2011
Angebot und Nachfrage
Eine interessante Erkenntnis ereilte mich heute Morgen. Beim allzweiwöchentlichen Jour-fixe bei uns im Institut sprach meine Chefin über wissenschaftliche Bestrebungen und Herangehensweisen beim Thema Innovation und Entwicklung hinsichtlich Angebot und Nachfrage.
Zuerst verstand ich nicht ganz, was so falsch daran sein sollte, sich an der Nachfrage zu orientieren und in Anlehnung an die Wünsche der Nachfrager Neues zu entwickeln. Aber so läuft es aus Sicht meiner Chefin nicht. Zumindest sollte es das nicht. Das passende Zitat wurde auch prompt, damit es auch jeder versteht, (z. B. ich), von der Intelligenzbestie des Instituts in den Raum geworfen. Henry Ford sagte einst (sinngemäß): "Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt: Schnellere Pferde."

Ergo: Willst du beim Innovativ-Sein etwas wirklich Neues erfinden, kümmere dich nicht darum, was die Menschen wollen.

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Freitag, 24. Juni 2011
Wer anderen eine Grube gräbt...
...mahlt zuerst.

Es geht doch nichts über ein paar kluge Sätze. Aus den angesammelten Erlebnissen und Erfahrungen vieler Generationen zu tiefgründigen Weisheiten komprimiert, erzählen Sprichworte versinnbildlichend in knappen Worten, aber dennoch viel sagend von den elementaren Strukturen und Zusammenhängen des Lebens.

Die folgenden Sprichwörter klingen irgendwie vertraut. Doch trotzdem stimmt etwas mit ihnen nicht. Nur was?

"Alle Wege bringen Glück."
"Alte Füchse sagen die Wahrheit."
"Wer die Wahl hat, gibt nach."
"Lügen sind unergründlich."
"Was nicht ist, wird endlich gut."
"Was lange währt, macht einen stark."
"Zeit vergeht nicht."
"Kinder und Narren vertragen sich nicht."
"Liebe sagt mehr als tausend Worte."
"Zeit ist Goldes wert."
"An der Leine ist gut durch Feuer reiten."
"Liebe hat goldenen Boden."
"Alte Liebe setzt kein Moos an."
"Ausnahmen bringen Glück."

Auf den ersten Blick erkannt?
Diese Weisheiten sind willkürliche Kombinationen aus tatsächlichen Sprichwörtern, die aber mitunter inhaltlich rein gar nichts gemein haben. Und doch ergeben sie zum Teil erschreckend viel Sinn. Das ist das Tolle an Weisheiten: Selbst aus ihrem Zusammenhang gerissen weisen sie auf Tiefgründiges und Bemerkenswertes hin, regen zum Nachdenken an und bleiben auf phänomenale Weise wahr.

"Die dümmsten Bauern kehren gut."
"Die Hoffnung heilt alle Wunden."
"Guter Rat erspart den Zimmermann."
"Blut hat keine Moral."
"Kleider sagen die Wahrheit."
"Lügen erhalten die Freundschaft."
"Papier scheut das Feuer."
"Auf seinem Misthaufen ist der Mönch keusch."
"Alles Gute wird alt."
"Lange Rede, Glück in der Liebe."
"Wer den Pfennig nicht ehrt, muss früh aufstehen."
"Reden ist Silber, Schweigen ist der erste Weg zur Besserung."
"Alter ist aller Laster Anfang."
"Wenn der Fuchs predigt, wird der Faule fleißig."
"Nur der Tod heiligt die Mittel."
"Wasser ist Geld."
"Rache ist auch eine Antwort."
"Getroffene Hunde sagen die Wahrheit."

Zugegebenermaßen war nicht ich es, der die schlauen Sätze getrennt und noch schlauer wieder zusammengebastelt hat. Das hat eine Website für mich gemacht. Die besten Sprüche habe ich einfach mal ausgewählt. Logischerweise ergeben sich aufgrund der Willkürlichkeit auch völlig sinnlose (aber zum Teil gut lustige) neue Kombinationen:

"Der Schuster sollte nicht mit Steinen werfen."
"Neue Besen bellen."
"Ende gut, kurzer Sinn."
"Wo nichts ist, lebt es sich recht ungeniert."
"Auf alten Pfannen liegt die Kraft."
"Der Schuster hat seine zwei Seiten."
"Wer rastet, ist umsonst."
"Wenn zwei sich streiten, muss der Prophet zum Berge gehen."
"Gott kommt selten allein."
"Zeit hat keine Balken."
"Wer Wind sät, macht auch Mist."
"Die Letzten wachsen auf einem Holz."
"Trautes Heim, Affe tot."
"Im Wein frisst der Teufel Fliegen."
"Ein rollender Stein stirbt zuletzt."
"Wer im Glashaus sitzt, fängt den Wurm."
"Auf der Kanzel ist der Hahn König."
"Der Blitz studiert nicht gern."
"Was ich nicht weiß, heilt alle Wunden."
"Stille Wasser sind Schäume."
"Zwei Hähne auf dem Mist verderben den Brei."
"In der Not liegt die Würze."
"In der Nacht kann man eine schöne Messe lesen."
"Am Abend lernt man kochen."
"In der Kürze liegt die Wahrheit."

Und deswegen soll's damit jetzt auch gewesen sein. Denn auf alten Pfannen hat der Kaiser sein Recht verloren. Oder so.

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Zeit, Geld und Freunde
Die Zeit, die Zeit... wo ist sie hin?
Der letzte Beitrag stammt vom Juni 2010, über ein Jahr lang habe ich hier nichts mehr geschrieben.
Tja, woran liegt das bloß? Daran, dass mein Mitteilungsbedürfnis geschrumpft ist? Daran, dass es anderweitig befriedigt wird? Daran, dass es keine Zeit mehr gibt, sich Gedanken zu machen? Bzw. sie aufzuschreiben? Daran, dass vieles besser läuft als früher? Ist Facebook schuld? Oder liegt es daran, dass kaum noch jemand Interesse an meinem Gekritzel hatte?
Ich sage mal so: Gedanken mache ich mir natürlich nach wie vor über alle möglichen Dinge. Doch vieles hat sich geändert und die Zeit rast. Pausen kenne ich kaum noch, Langeweile, die einen zur Kreativität zwingt, wurde aus meinem Leben nahezu verbannt. Ich habe Zeit, Kreativität und Mitteilungsbedürfnis mit einem festen Einkommen, sozialem Engagement und neuen Kontakten getauscht. Einerseits ein bisschen schade, andererseits würde ich es nicht rückgängig machen wollen.
Freunde sind geblieben, Erfahrungen haben mich bereichert, trotz kleiner Statur bin ich deutlich gewachsen. Ich sehne mich nach alten Zeiten, doch die neue ist nicht schlechter.

Zeit habe ich nicht mehr viel. Und ich habe gelernt, sie einzuteilen und sinnvoll zu nutzen.

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Donnerstag, 10. Juni 2010
Bafana, Bafana
Morgen beginnt die Fußballweltmeisterschaft 2010 mit dem Spiel Südafrika gegen Mexiko. Ganz Deutschland freut sich drauf, kann es kaum noch erwarten.
Südafrika - untrennbar ist dieses Land nun mit diesem sportlichen Großereignis verbunden. Zumindest derzeit. Südafrika hier, Südafrika da. Die Medien sind voll mit Berichten über das bevorstehende Event und seit ein paar Wochen wissen bestimmt zehnmal so viele Bundesbürger wie davor, dass es auch noch andere Städte außer Kapstadt, Pretoria und Johannisburg im südlichsten Land Afrikas gibt.
Lange Zeit hatte die Fußballwelt Sorge darüber, ob dieses Land es rechtzeitig schaffen würde, die nötigen Vorbereitungen zur WM zu treffen. Anfangs wurde sogar überlegt, den Südafrikanern die WM wieder zu entziehen und noch einmal an Deutschland zu geben. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere.
Inzwischen ist klar geworden: Südafrika hat es geschafft. Die Stadien sind fertig saniert bzw. neu gebaut, alle Teams konnten sicher und nobel untergebracht werden, die Trainingsunterkünfte werden den höchsten Erwartungen gerecht und dem Besucherstrom scheint das öffentliche Leben auch gewachsen zu sein. Gott sei Dank! Dann kann die WM ja losgehen! Wer wird wohl gewinnen? Spanien? Italien? England? Oder gar die Deutschen?
Aber Moment mal. Erst spielt ja Südafrika das Eröffnungsspiel. Das ist immer ein besonderes Spiel. Gegen Mexiko. Durch all diesen in den Medien thematisierten ungeheuren Organisationsaufwand und die riesige Verantwortung, welche auf den Schultern des ersten eine WM-Endrunde ausrichtenden afrikanischen Staats liegt, habe ich bislang keinerlei Infos über das Fußballteam Südafrikas erhalten. Jetzt soll ich den Spielausgang tippen. Hm. Ich schätze mal, die Mexikaner sind besser, haben schließlich in der Vorbereitung die Italiener geschlagen. Und die wiederum sind ja immer noch Weltmeister.
Aber Südafrika? Ich habe absolut keinen Schimmer, was das Fußballteam des Gastgeberlandes so drauf hat. Komisch. Dabei spricht doch alle Welt von Südafrika. Auf deutschen Internetseiten gibt's sogar den Wetterbericht von dort als interaktive Wetterkarte.
Ich will mehr über "Bafana, Bafana" erfahren. Onkel Google spuckt mir was aus:

Oha. Na wenn da mal einer sagt: "Pff... stinknormales Fußballteam!"
Ich lese ein bisschen und bin jetzt etwas schlauer. Was ich las, klang äußerst sympathisch und genoss Mexiko vorher einige meiner Sympahien, so muss es leider damit klar kommen, dass ich mich nun für einen Sieg der Gastgeber freuen würde. Ich freue mich jetzt umso mehr auf das Auftaktspiel. Mexiko wird trotzdem mit 3:1 gewinnen. Sollte man bei Ballkontakten des einzigen weißen Spielers in Reihen der Südafrikaner laute Buh-Rufe von den Rängen hören, so ist das weder auf rassistische Hintergründe noch auf etwaige schlechte Spielweise seinerseits oder die des Teams zurückzuführen. Hört man nämlich genauer hin, so rufen die Fans nicht "Buh!", sondern "Boooooth!". Matthew Booth ist seit Jahren der einzige Weiße im Nationalteam eines Landes, in dem Fußball Sport der Schwarzen ist. Und das macht ihn zum Liebling eines ganzen Landes.
Ich kann's kaum noch erwarten, bis ich vor der von meinem Beamer angestrahlten Wand in meiner Bude endlich den Anstoß zur WM 2010 miterleben darf.

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Freitag, 28. Mai 2010
Der alltägliche Horror
geschrieben am 22.01.2010; 01:28 Uhr
Das lange Telefonat mit ihrer besten Freundin Lara hat gut getan. Jetzt fühlt sie sich deutlich besser. Mit Lara kann sie einfach über alles reden, über ihre Gefühle, über das, was wichtig ist, und über das, was nicht so wichtig ist. Mit Lara zu telefonieren ist immer wie ein reinigender Regen, der all den Staub aus der warmen Sommerluft wäscht. Danach kann man wieder frei atmen.
Jetzt hat sie wieder ein gutes Gefühl im Bauch und ihre Gedanken sind positiv. Lara ist echt ein Schatz!
Sie schaut auf die rosa Uhr über ihrer Zimmertür. Wow! Dreieinhalb Stunden. Selbstverständlich ist das kein Rekord, aber immerhin mehr als üblich. Jetzt ist es schon spät, gleich halb 3. Vor dem Familienessen heute Abend muss sie dringend noch ein paar Dinge erledigen, zur Post, einen Brief einwerfen, für ihre Mutter etwas aus der Drogerie besorgen und vielleicht schafft sie es dann noch, nach einem neuen Schal und anderen Sachen zu schauen.
Sie geht ins Bad und betrachtet sich im Spiegel. Ohje, die Augenringe zeugen von einer langen Nacht. Bilder und Eindrücke des Mädelsabends gestern Abend fliegen vor ihren Augen vorbei und sie muss wieder anfangen zu kichern. Glucksend steht sie vorm Waschbecken und fängt an, ihr Gesicht zu pudern.
Einige Zeit später läuft sie hübsch zurechtgemacht und wieder zum Anbeißen aussehend zum Bus. Sie hat Glück, er kommt sofort. Ohne groß auf die anderen wenigen Fahrgäste zu achten setzt sie sich auf einen der ersten Sitze und hört das neue Lied von Silbermond. "Und wenn Dein Wille schläft, dann weck ihn wieder. Denn in jedem von uns steckt dieser Krieger." Sie holt ihr Handy heraus und beginnt, alte SMS durchzulesen. "Dessen Mut ist wie ein Schwert. Doch die größte Waffe ist sein Herz." Bei einigen der SMS muss sie spontan lächeln, andere erinnern sie an weniger schöne Dinge und sie löscht sie schnell. Ihr Speicher ist immer so schnell voll... "Lasst uns aufstehn. Macht Euch auf den Weg. An alle Krieger des Lichts." Erst als sie aussteigen muss, blickt sie wieder auf. Der Bus ist inzwischen ziemlich voll.
Die Ladenpassage ist lang, die Post liegt ganz am anderen Ende. Viele Menschen sind eilig unterwegs, um die letzten Wochenendeinkäufe zu tätigen, andere bummeln nur aus Langeweile herum. Sie hat noch etwas Zeit, das ist gut, sie mag keine Hektik. Dennoch geht sie zielstrebig durch die Passage und durchaus registriert sie, dass sie wie gewöhnlich von allen Seiten angesehen wird. Die drei Macho-Kerle, die am Eingang herumhängen, rufen ihr irgendeinen Anmachspruch hinterher, der widerliche Opa mit Gehstock sabbert bei ihrem Anblick wahrscheinlich noch bis übermorgen, der eine von zwei in ein Gespräch vertieften Typen mit Rasta-Locken sieht ihr außergewöhnlich lange nach, nicht mal der schüchterne Junge kann sich zusammenreißen und blickt sie im Vorbeigehen klar aus den Augenwinkeln an, ein gut aussehender Mann begutachtet sie ebenfalls von oben bis unten, während er sich lebhaft über sein Handy mit jemandem unterhält und eine kleine Gruppe eigentlich harmlos wirkender Schüler um die 18 kommt ihr lachend entgegen, wobei mindestens drei den Kopf zu ihr wenden. "Lass Dich nicht täuschen, auch wenn's aus Gold ist. Lass Dich nicht blenden, erst recht von falschem Stolz nicht." All diese Blicke registriert sie. Doch kein einziger wird von ihr erwidert.
Gleich hat sie die Postfiliale erreicht, während ihr erneut ein an einem Geländer lehnender Kerl entgegen sieht. Stur blickt sie geradeaus und ekelt sich daran, wie all die widerlichen Typen sie gerade gedanklich durchficken. Gibt es denn keine normalen Menschen auf dieser Welt?

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Donnerstag, 25. Februar 2010
Eindrücke aus Kenia (3) - Sprache
In Kenia gibt es zig Sprachen. In der Regel kann ein Kenianer drei Sprachen sprechen. Zum einen die Landessprache Kisuaheli und zum anderen oft noch einen Dialekt ("mother's tongue") ihres Volksstammes (tribe). Hören tut man aber meist Englisch, auch wenn man das als ungeübter Hörer erst nach einigen Sätzen überhaupt realisiert. Denn die Aussprache der Kenianer ist etwas gewöhnungsbedürftig.
So fiel mir als erstes auf, dass sie das "R" oftmals rollen, z. B. am Wortanfang: "This is right". Ein Engländer macht da bei "right" diesen undefinierbaren R-Laut am Anfang, ein Kenianer spricht das wirklich mit einem R aus.
Das Wort "agriculture" spricht ein Engländer so aus: klick. Ein Kenianer spricht es [agrikalscha] aus, mit offenem "A" am Anfang (statt "Ä"), mit gerolltem "R", ohne "T" und der zweite Wortteil wird so schnell gesprochen, dass selbst das "L" kaum zu hören ist. [Agrikascha] könnte man es auch aufschreiben. "Friend" wird zu [frend], "Because" zu [Bikoos], "question" zu [kuesschon], "correct" zu [correekt].
In anderen Fällen wird das "R" dann aber wieder verschluckt und zwar komplett. "Market" wird zu [makket], "car" zu [ka], "you are" zu [ju a], "future" zu [fjutscha], "water" zu [wota], "sure" zu [schua].
In ganz merkwürdigen Fällen wird manch ein "R" sogar zum "L". Einer unserer kenianischen Studenten sprach so. Da musste man sich erstmal reinhören, um ihn verstehen zu können. "Bright" wurde zu [blait], "tribe" zu [tlaib], "brother" zu [blotha], "realize" zu [lialais]. Okay, es ist meist nicht wirklich ein "L", aber halt auch kein "R". Irgendwas dazwischen.
Andere Leute fügten wahrscheinlich in Anlehnung an ihre eigene Sprache einfach mal in manche Wörter noch ein "N" ein: "good" wurde zu [guund], "could" zu [kuund] (ebenso mit "should" oder "would"), "wood" zu [wuund].
Manch einer verschluckt das "H" am Anfang einiger Wörter: "House" wird zu [aus], "horrible" zu [orribel], "heat" zu [iit], "home" zu [oom].
Im Englischen gibt es ja normalerweise so Wörter, in denen Laute vorkommen wie "ou", "äi" oder "ä". Das gibt's in Kenia nicht so wirklich. "Home" wird wie gesagt nicht [houm], sondern [oom] ausgesprochen. "Make" wird nicht [mäik], sondern [meek] ausgesprochen, "name" nicht [näim], sondern [neem], "can" nicht [kän], sondern [kan], "don't" nicht [dount], sondern [doont], "antilope" nicht [äntiloup], sondern [antiloop], "and" nicht [änd], sondern [and] und der unbestimmte Artikel "a" wird auch einfach nur als offenes "A" gesprochen.
Manchmal wird aus einem "Th" am Anfang eines Wortes auch einfach nur ein "T": "Three years ago". Im Englischen wird es mit englischem "th", mit diesem komischen "R"-Laut bei "three" und "years" gesprochen, das "a" bei "ago" ist weder a noch e noch i und das "o" wird "ou" gesprochen. Kenianisch: [Tri jias agoo], "T", gerolltes "r" im ersten Wort, weggelassenes "r" im zweiten Wort, stattdessen einfach ein offenes "a", gleiches offenes "a" auch im letzten Wort und langes gleich bleibendes "o" am Ende.
Okay, sieht jetzt wahrscheinlich alles etwas konfus aus, aber hört sich beim ersten Hören auch einfach so an. Mit der Zeit kommt man aber rein und am Ende konnte ich (mit einiger Konzentration) auch schon fast so sprechen. Bezüglich der englischen Aussprache waren wir Deutsche den Kenianern quasi "überlegen". Allerdings konnten die meisten Kenianer im Gegensatz zu uns Englisch wirklich perfekt, zumindest die etwas Gebildeteren und die in den Städten. Auf dem Land war das wieder etwas anders. Da spricht man eher Kisuaheli.

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Dienstag, 2. Februar 2010
Slideshow Winterbilder
Neulich hab ich gesehen, dass es bei ImageShack jetzt einbettbare Slideshows gibt. Habe das dann mal mit ein paar Fotos ausprobieren, die ich geknipst habe, als ich vor ca. zwei Wochen mal spontan nach draußen in den Großstadtschnee gegangen bin.


Hm naja... Slideshow wird anscheinend etwas zu wörtlich genommen. Kapiere nicht, warum immer nach links gezoomt wird. Was soll's, es funktioniert jedenfalls.

(Link zum Album: http://img7.imageshack.us/gal.php?g=1004983k.jpg)

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Samstag, 23. Januar 2010
Finanzierung und Investition
Tja, mit Folgendem schlage ich mich zur Zeit in der Uni rum. Und das ist noch der Kram vom Anfang des Semesters...

Zahlungsstrom:
Anfangsauszahlung I0=-500
Einzahlung Q1=+50
Einzahlung Q2=+250
Einzahlung Q3=+50
Einzahlung Q4=+200
Einzahlungen Q5,Q6,Q7=+50
Einzahlung Q8=200
Marktzinssatz i=10%



Berechnung des Kapitalwertes C0:

C0=-I0+[n.SUMME.t=0 Qt/(1+i)^t
RBF(i,n)=[(1+i)^n-1]/[i*(1+i)^n]

C0=-500+50*RBF(8J.;10%)+200/1,1^2+150/1,1^4+150/1,1^8
C0=-500+50*[(1,1^8-1)/(0,1*1,1^8)]+150/1,1^2+200/1,1^4+150/1,1^8
C0=-500+50*5,3349262+200/1,1^2+150/1,1^4+150/1,1^8
C0=104,46369



Berechnung des internen Zinssatzes i*:

i*=i1+[C0(i1)*(i2-i1)]/[C0(i1)-C0(i2)]

i1:=15%
i2:=16%

C0(i1)=10,393062
C0(i2)=-5,5903918

i*=0,15+[10,393062*(0,16-0,15)]/[10,393062-(-5,5903918)]
i*=0,15+(10,393062*0,01)/15,983454
i*=0,15+0,10393062/15,983454
i*=0,15+6,5023881^-3
i*=0,1565023
i*=15,65%



Berechnung der Gewinnannuität A:

A=C0/RBF(i,n)

A=104,46369/[(1,1^8-1)/(0,1*1,1^8)]
An=19,581094



Berechnung des Endwertes E:

E=n.SUMME.t=0 Qt*(1+i)^(n-t)
REF(i,n)=RBF(i,n)*(1+i)^n

E=-500*1,1^8+50*REF(10%,8)+200*1,1^6+150*1,1^4+150
E=-500*1,1^8+50*[1,1^8-1]/[0,1*1,1^8]*1,1^8+200*1,1^6+150*1,1^4+150
E=-500*1,1^8+50*5,3349262*1,1^8+200*1,1^6+150*1,1^4+150
E=234,9272

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Donnerstag, 21. Januar 2010
Eindrücke aus Kenia (2) - Klima
Drückende Hitze, 12 Stunden Sonnenschein, Sonnencreme mit Faktor 40, durchgeschwitzte Klamotten, stickige Nächte, Kaltwasser hat 30°C, ...
Ja, all das gibt's. Zum Beispiel im Oman. Aber nicht in Kenia.
Die Temperaturen in Zentral-Kenia, wo wir waren, sind das Jahr über gleich, fast zumindest. Es herrschen hier tagsüber eigentlich immer so um die 20-25°C, in der Nacht auch durchaus mal unter 15°C. Es ist eigentlich vorwiegend bewölkt, wodurch man in der Regel mit nem Pullover draußen rumlaufen muss. Sonnencreme braucht man so gut wie gar nicht. In den ersten Tagen habe ich welche benutzt, aber dann gemerkt, dass das Verschwendung war.
Dass es allerdings trocken ist im kenianischen Hochland (Zentral-Kenia liegt im Allgemeinen über 1500m - daher auch die für ein Äquatorland vergleichsweise niedrigen Temperaturen), das hat sich durchaus gezeigt. Regen erlebten wir nur einmal, der prasselte dafür aber ordentlich herunter und verwandelte die trockene Steppe innerhalb von Minuten in Schlamm.
Allerdings waren wir auch während einer Trockenzeit dort. Es gibt zwei Regenzeiten, eine zwischen April und Anfang Juni und die zweite im Oktober und November. Durch den Klimawandel verkürzen sich diese Regenzeiten jedoch immer weiter und auch die Regenmenge wird laufend geringer. Kenias Wirtschaft, die stark durch den primären Sektor geprägt ist, leidet darunter bereits und wird es in Zukunft noch viel stärker tun.
Generell merkt man aber trotz der für Deutsche gewohnten Temperaturen deutlich die Trockenheit. Straßen (also eigentlich Sandpisten) bestehen aus 10cm tiefem Staub, der sofort aufwirbelt, wenn man einen Schritt macht. Autos ziehen hunderte von Metern lange Staubwolken hinter sich her und sämtliche Pflanzen am Straßenrand sind komplett braun, eingestaubt bis zum letzten Blatt.
Aufgrund der verhältnismäßig niedrigen Temperaturen bedarf es übrigens auch keiner so ausführlichen Prophylaxe von Malaria: Die Anopheles-Mücke findet's hier nämlich einfach zu kalt. Ein bisschen Anti-Moskito-Spray benutzen und nachts unter Moskito-Netzen schlafen sollte ausreichen. Von uns bekam jedenfalls niemand Malaria.

Abschließend noch der dringende Hinweis an alle Kenia-Urlauber: Sofern die Reise nicht nur nach Mombasa und das Küstenland geht, packt euch dringend Pullis, Jacken und lange Hosen ein. Ansonsten werdet ihr auf jeden Fall frieren.

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