Ein paar kurze Worte...
...über die Welt und auch ein bisschen über mich
Donnerstag, 10. April 2008
Time After Time
Zeit? Nein. Es ist nicht die Zeit, die mir fehlt. ...

Dieser kleine Text befindet sich auf meiner Homepage, da er nicht für die allgemeine Öffentlichkeit bestimmt ist.
Wer inhaltlich kommentieren möchte, tue dies bitte persönlich.

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Freitag, 4. April 2008
Im Irak - Pt. 7
7/7
Ein Knallen ließ ihn hochschrecken. Wo war er? Im Licht einer Taschenlampe sah er einen Stromkasten. Die Realität wurde ihm wieder bewusst, die Fiktion aus den verworrenen Traumszenen verschwand. Wieder ein leiser Knall. Er hallte in den Gängen und P.'s Kopf nach. Und wieder einer. Hinter ihm wurden die Irakis unruhig. Sie hatten aufgehört zu reden und lauschten angespannt, die Köpfe zur Tür gedreht, genau wie P. selbst.
Aus dem dumpfen Knallen wurden laute Schüsse, ein eindringliches Knattern, dazu drangen Rufe und einzelne gellende Schreie immer lauter durch die Gänge in den kleinen Raum. Die drei Männer sprangen auf und luden hektisch ihre Waffen nach. Mit einem Male begann P.'s Herz zu rasen, sein Atem ging schnell und flach. Eine Gänsehaut begann ihm über den kompletten Rücken zu kriechen. Mit weit geöffneten Augen starrte er in entsetzter Erwartung zur ihm gegenüber liegenden Tür. Unwillkürlich klammerte er sich mit den Händen an der Lehne des Stuhls fest. Die Schüsse kamen immer näher, die Stimmen wurden lauter.
Dann ging alles unheimlich schnell. Die Tür wurde aufgerissen und herein stürmten drei, vier, sechs Irakis. Sie hatten ebenfalls ein paar Taschenlampen dabei und ihre Maschinengewehre im Anschlag und keuchten den drei in Abwehrstellung stehenden Männern einige Worte zu. Sie hatten keine Zeit, um ausführlichere Auskunft zu geben, denn schon nach wenigen Sekunden peitschten wieder Schüsse durchs Dunkel. Zwei weitere Irakis stürmten Hals über Kopf in den Raum. Einer von ihnen blutete am Arm, der andere brüllte etwas.
P. saß wie traumatisiert auf seinem Stuhl und folgte wie paralysiert dem Geschehen. Auf einmal war das vorher so leere und kalte Zimmer gefüllt mit panischen Männern und die hitzige Luft erbebte durch die Gewehrschüsse. Sein Kopf schien platzen zu wollen.
Die Araber riefen sich Anweisungen zu und verteilten sich im Raum, die Waffen weiter im Anschlag, auf die offene Tür zum Gang draußen gerichtet. Plötzlich packte einer von ihnen P.'s Stuhl und zerrte ihn mitsamt ihm selbst in die hinterste Ecke, wo er sich hinter ihn stellte. P. fühlte etwas Eiskaltes an seiner Schläfe und erstarrte.
Wieder laute Rufe. Wieder Schüsse. Ein weiterer Iraki hechtete aus dem dunklen Gang ins Zimmer hinein und suchte sogleich Deckung. Ohne Erfolg. Er schien der letzte gewesen zu sein. Einen kurzen Moment lang war es still. Eine Stille voller unerträglicher Anspannung. Zwölf Iraki standen bereit, um die Angreifer, wer auch immer sie sein mochten, mit einem Kugelhagel zu begrüßen und zu durchsieben. Es war plötzlich so still, dass P. sie atmen hören konnte.
Aus dem Dunkel wurde etwas gerufen.
Die Iraki rührten sich nicht. Keine Antwort.
Wieder wurde gerufen. Keine Reaktion. Wieder ein Moment der Stille.
Plötzlich hörte man das Geräusch eines kleinen rollenden Gegenstandes. Er rollte in den Raum. Sofort schreckten die Iraki zurück. P.'s Augen weiteten sich. Er schob sich so weit es irgendwie ging in die Lehne seines Stuhls hinein. Die Mündung der Pistole drückte fester gegen seinen Kopf. Der kleine Gegenstand auf dem Boden vor der Tür gab einen leisen Klicklaut von sich und auf einmal hüllte er sich in dichten Rauch. Der Qualm stieg schnell nach oben, verbreitete sich rasch. Keine zehn Sekunden dauerte es und die Tür verschwand im sich ausbreitenden Nebel. Die Irakis rührten sich, sie blickten sich mit geweiteten Augen an.
Schritte waren zu hören und keinen Lidschlag später verloren die Araber die Nerven, eröffneten blind das Feuer. Die Kugeln schossen unkontrolliert aus zwölf automatischen Waffen und droschen gegen die Betonwände, prallten mit irrwitziger Geschwindigkeit ab und verwandelten den kleinen Raum in ein ohrenbetäubendes, blitzendes Inferno. Schreie.
P. zuckte zusammen, nahm einen stechenden Schmerz im Unterleib wahr. Mit überraschtem Gesichtsausdruck krümmte er sich, doch er war festgebunden. Dann raste eine Metallkugel durch sein Gehirn. Sie löschte alle Bilder, alle Erinnerungen, alle Ängste. Sein Leben.

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Montag, 31. März 2008
Im Irak - Pt. 6
6/7
P. und die drei Irakis liefen hastig durch die dunkle und angenehm kühle Halle. Sie war komplett leer und wirkte damit noch riesiger als sie es ohnehin schon war. Sie erreichten eine Treppe, die einige Stufen hinunter in einen Keller führte. Eine Etage tiefer standen sie nun vor einer massiven Tür. Sie war verschlossen, doch ohne zu zögern legte einer der Männer sein Maschinengewehr in Anschlag und feuerte mehrmals auf das Schloss. Das ohrenbetäubende Geräusch der Schüsse ließ P. am kompletten Körper zusammenzucken. In der Halle über ihnen hallte das Knallen lange nach und wich erst spät einem unwillkürlich einsetzenden Piepen in P.'s Ohren. Die Tür ließ sich öffnen und er wurde hindurchgeschoben.
Es folgte ein Marsch von mehreren Minuten durch die Kellergänge unter der großen Halle. Einzige Lichtquelle war die funzelige Taschenlampe, die einer der Männer dabei hatte. P. fühlte sich nicht besser, als ihm langsam bewusst wurde, dass auch die Irakis nicht genau wussten, welchen Weg sie eigentlich nehmen sollten. Sie hatten sich ganz offensichtlich verlaufen. Doch sie stießen P. unablässig weiter vorwärts, durch zig Türen und Gänge hindurch. Irgendwann jedoch erreichten sie den Raum, den sie anscheinend gesucht hatten. Soweit erkennbar, war er bis auf einige schwarze Holzstühle leer. An den Wänden liefen Rohrleitungen entlang und viele Verteilerkästen sowie Schaltpulte deuteten auf ehemaligen Betrieb hin.
Die Irakis setzten P. auf einen der Stühle und banden ihn fest. Als ob er hier jemals wieder selbst herausfinden würde... Er atmete schwer, war erschöpft von der plötzlichen Hektik und verspürte wieder Angst in sich aufkommen. Er hasste Dunkelheit und nun war er in ihr gefangen. Nur der spärliche Lichtkegel, der gegen die graue Wand strahlte, bot ihm die Möglichkeit, seinen Blick auf wenigstens irgendetwas lenken zu können. So stierte er auf ein paar rote Knöpfe. Schon sehr lange schien niemand mehr auf ihnen herumgedrückt zu haben...
Es folgte eine lange Zeit des Wartens. Die drei Irakis hatten sich ebenfalls in einer Ecke niedergelassen und sprachen dort leise miteinander. Auch sie schienen zu warten. P. hasste warten. Er wollte weg. Wieder nach oben.
Seine Gedanken flogen wie ein Schwarm wilder Vögel durcheinander und er fühlte sich schwach und ausgelaugt, nicht fähig, die Bilder in seinem Kopf zu ordnen. Die roten Knopfe schienen ihn zu hypnotisieren und das Dunkel ringsumher wollte ihn einhüllen. Seine Augen fühlten sich an, als ob sie in den Höhlen verschwinden wollten. Die Lider wurden schwer. Die Knöpfe verschwanden. Schließlich fiel sein Kopf nach vorne und er nickte weg.

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Donnerstag, 27. März 2008
Im Irak - Pt. 5
5/7
Die Fahrt war ähnlich konfus wie die erste, obwohl P. nun auf einem gepolsterten Sitz statt auf einer Metallkiste saß und im Gegensatz zur ersten "Reise" sehen konnte, wann es bergauf und wann bergab ging. Man fuhr in einer Kolonne mit vier Jeeps sowie dem Bus. Die Straße führte sie quer durch die Wüste. Das Gelände erwies sich als äußerst hügelig und unregelmäßig, trockene Flussläufe wurden durchquert, dann wieder ebene Flächen. Wenig Vegetation schmückte die Aussicht und Anzeichen von menschlicher Einwirkung gab es so gut wie überhaupt nicht. Die Straße zeigte sich als das einzige, was auf Menscheneinfluss hinwies, auch wenn sie lediglich aus etwas befestigteren Fahrspuren bestand. Über viele Kilometer hinweg begegneten sie keinem einzigen Fahrzeug und erreichten keine Ortschaft. Es war wie in einer Mondlandschaft. Wäre P. nicht inmitten einer Horde Extremisten gefangen, wäre er vielleicht beeindruckt gewesen. Doch so sah er nur aus dem Fenster. Ohne Empfindungen, ohne Gedanken.
Die Irakis verhielten sich äußerst ruhig. Kaum einmal wurde ein Wort gesprochen. Sie schienen alle in Gedanken versunken und blickten stur geradeaus. Einige rauchten und machten die Luft im Toyota noch stickiger, als sie bei der Hitze ohnehin bereits war. Doch P.'s Übel waren ganz anderen Kalibers. Sie würden ihn irgendwo hinbringen. Und dort würde irgendetwas geschehen. Er wünschte sich, dass sie dort nie ankommen würden. Dass die Fahrt, so unangenehm sie auch war, nie enden würde. Welch sinnlos utopischer Wunsch...
Die Fahrt endete nahe einer Stadt in einer weiteren augenscheinlich verlassenen Ansammlung von Gebäuden. Es war eine Industrieanlage, vermutlich eine Erdölraffinerie. Hunderte unheimlich großer und tausende kleinerer Rohre wuchsen aus dem Boden empor, wanden sich in den irrsinnigsten Verläufen über den Boden und an Wegen entlang, um dann in Gebäuden oder wieder der Erde zu verschwinden. Schornsteine und Türme aus Metallstreben ragten in den Himmel, große flache fensterlose Hallen mit Wellblechdach und viele braune Speichertanks säumten die Straße. P. entdeckte allerhand Konstruktionen, welche er noch nie in seinem Leben gesehen hatte. Pumpvorrichtungen, Turbinen, dreckige leere Klärbecken, riesige offene Ölabscheideschächte, Entschwefelungsanlagen, Reaktoren. P.'s Blick streifte desinteressiert über die Gebäude und sein Herz begann ihm langsam in den Magen zu sacken. Kein Mensch war zu sehen. Die Anlage war komplett stillgelegt. Was wollten sie hier?
Die Kolonne bog in die Einfahrt zu einer großen Lagerhalle ein, fuhr durch ein großes, verrostetes Tor und kam auf einem weitläufigen betonierten Platz zum Stehen. In Windeseile wurde aus den Fahrzeugen gesprungen und auch P. verließ den Bus plötzlicher als er es erwartet hatte. Drei Männer gingen schnellen Schrittes mit ihm zu einer der Hallen, während die Autos wieder lospreschten und hinter einer Ecke verschwanden. Keine halbe Minute hatte es gedauert und der Platz lag wieder still und menschenleer in der Mittagshitze, als ob nichts geschehen wäre.

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Donnerstag, 20. März 2008
Im Irak - Pt. 4
4/7
Sie gaben ihm regelmäßig zu essen, nichts Großartiges, aber es reichte. Ansonsten wurde er ignoriert. Niemand sprach ein Wort zu ihm, niemand kümmerte sich um ihn und seine Fragen. Und er fragte jedes Mal, wenn jemand kam. Er bettelte darum, flehte sie an, dass sie antworteten, ihm sagten, was sie mit seiner Familie gemacht hatten. Doch die Männer blieben stumm, gingen zur Tür hinaus und P. war wieder alleine.
Drei Tage dauerte es, ehe etwas passierte. Er war beinahe dankbar dafür, auch wenn er nicht wusste, was geschehen würde. Doch die endlos erscheinende Zeit in dem kleinen Raum hatte ihn erdrückt und die Ungewissheit über die Zukunft quälte ihn. Am schlimmsten war die Ungewissheit gewesen, WANN endlich etwas geschehen würde. Nun, da es soweit war, bekam er plötzlich wieder stechende Angst. Möglich, dass dies seine letzten Stunden waren. Vielleicht waren draußen in der Welt Verhandlungen geführt worden. Vielleicht hatte jemand Lösegeld bezahlt. Oder eben auch nicht. Womöglich würde man ihn an einen entlegenen Ort bringen und ihn dort enthaupten, so wie es in manchen Videobotschaften von diversen Terroristengruppen zu sehen gewesen war. Er erschauderte. Doch er zeigtekeinen Widerstand. Es hätte keinen Sinn gehabt, sich zu wehren.
Ein bärtiger Mann mittleren Alters schob auf der anderen Seite den Riegel zur Seite, öffnete knarrend die Tür und kam herein. Ihm folgten zwei weitere Araber, alle drei mit grimmigem Blick. P. sah auf und wusste sofort, dass er nun den Raum verlassen würde.
Die Männer fesselten ihm wieder die Hände hinter den Rücken, doch schienen sie auf eine Augenbinde zu verzichten. Ohne weitere Kommentare gaben sie ihm unmissverständlich zu verstehen, dass er nun mit ihnen das Haus verlassen solle. Wie ein soeben verhafteter Straftäter ging er zwischen ihnen durch die Tür und durch den Raum mit den Waffen. Der Schrank war leer. Das ganze Zimmer war leer.
Ohne stehen zu bleiben, schritt er durch die Eingangstür hinaus ins Freie und kniff die Augen zusammen. Nach drei Tagen konnte er endlich seine Beine wieder bewegen, war wieder unter freiem Himmel und im Licht. Es fühlte sich gut an. Die Sonne stand noch nicht sehr hoch, es war noch Vormittag, doch die Hitze war dennoch bereits enorm. Für einen kurzen Moment genoss er die Lichtstrahlen auf seiner Haut, auf seinen verstaubten Haaren, auf seinem dreckigen Hemd.
Er sah sich um. Das Haus, das er soeben verlassen hatte, lag zwar nicht allein, aber nur in Gesellschaft eines halben Dutzends weiterer Gebäude. Und anscheinend wirklich inmitten der Wüste. Ringsumher war nichts als karge, äußerst spärlich bewachsene Sand- und Steinlandschaft zu sehen, einige Hügel, blauer Himmel. Eine Straße führte durch das winzige verlassene Dorf, kam aus dem Nichts und führte ins Nichts. Wie es schien, hatten die paar alten Häuser seinen Entführern als zeitweiliger Unterschlupf gedient. Nun versammelten sie sich alle auf der Straße und beluden Autos mit allen möglichen Kisten. Es waren nicht viele Männer, höchstens zwanzig, doch deutlich mehr, als P. bisher zu Gesicht bekommen hatte.
Man führte ihn zu einem alten verrosteten Kleinbus, ein weißer Toyota. Mühsam stieg er mit gefesselten Händen ein und rutschte auf einen der mittleren Sitze. Sogleich wurde er flankiert von mehreren Irakis, alle bis auf die Zähne bewaffnet. Im Bus stank es nach Schweiß, Benzin und Tabak, doch P. war froh, etwas anderes riechen zu dürfen als seinen eigenen Gestank in seinem vorigen Gefängnis.
Die ersten Autos, alles geländegängige Jeeps, setzten sich in Bewegung, voll besetzt mit für einen Krieg ausgerüsteten Arabern. P. fühlte sich unwohl, doch hatte er sich längst seinem Schicksal ergeben. Er würde es sowieso nicht mehr ändern können.
Der Fahrer stieg ein und auch der Kleinbus fuhr scheppernd und holpernd los.

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Donnerstag, 13. März 2008
Im Irak - Pt. 3
3/7
Nach einiger Zeit stand er auf und machte ein paar Schritte durch den Raum. Das kleine Loch oben an der Wand ließ zwar das Licht herein, doch war es viel zu klein, um dort hindurchzukriechen. Er versuchte, draußen etwas zu erkennen, erblickte jedoch nur den blauen Himmel, der noch immer völlig wolkenlos war.
Die Tür war hölzern und massiv und mit mehreren Quer- und Längsbalken verstärkt. Dahinter hörte er die Stimmen der Männer. Auch wenn das Gebäude nur noch aus den einzelnen Steinen zu bestehen schien, war es unmöglich, hier herauszukommen. Der Türrahmen war fest zubetoniert und absolut robust. Nicht, dass er wirklich vorhatte, zu flüchten. So verrückt war er nicht. Er wusste nicht einmal, wo er sich befand. Möglicherweise waren sie mitten in der Wüste, auf jeden Fall hatte er keinen Schimmer, wo er hin sollte, wenn er fliehen hätte können. Aber er musste immerhin seine Möglichkeiten erforschen, die er noch hatte.
Dann bemerkte er, dass die Tür einen recht großen, länglichen Schlitz in der Mitte besaß, ähnlich dem einer Briefkastenöffnung, allerdings ohne Deckel. Er ging in die Knie und sah hindurch. Hinter der Tür lag ein recht großer Raum, an dessen Wände nicht die einzelnen Steine hervorragten, sondern sogar eine alte Tapete zu sehen war. An einem Tisch in der hinteren Ecke saßen vier Männer, zwei von ihnen eingehüllt in Gewänder. Einen Turban hatte keiner von ihnen umgebunden, doch trugen sie einen Vollbart wie die Männer in der Stadt. Überraschenderweise schienen die beiden anderen Männer keine Einheimischen zu sein. Sie sahen südländisch aus, doch sie waren eindeutig keine Araber. Im Gegensatz zu den Irakis unterhielten sie sich angeregt und heiter und kauten dabei auf kleinen dunklen Scheiben herum. Sie sprachen oder vielmehr lallten nicht Arabisch, doch verstehen konnte P. sie dennoch nicht.
Er ließ den Blick weiter durch den Raum schweifen. An der Wand neben dem Tisch lehnten einige Waffen, weitere Gewehre konnte er in einem offenen alten Schrank gegenüber der Eingangstür erkennen. Noch nie zuvor hatte er überhaupt real ein Maschinengewehr gesehen und nun hatten sie gleich ein ganzes Dutzend davon auf ihn gerichtet gehabt. Es war alles so schnell gegangen. Wie in einem Traum sah P. die Bilder von vor wenigen Stunden noch einmal vor sich aufblitzen.
In einer Ecke konnte er mehrere Holzkisten aufeinander gestapelt erkennen und an der Wand lag ein grüner Rucksack. Mehr war in dem Zimmer nicht zu sehen. P. beobachtete die Männer eine Weile und kam zu dem Schluss, dass die beiden Südländer aus Spanien stammen mussten. Zumindest glaubte er einige spanische Worte herauszuhören.
Es war ein merkwürdiges Szenario. Vor allem schien sich niemand der vier Männer um ihn hier in seiner Kammer zu interessieren. Die Spanier wurden zunehmend ausgelassener und schienen unter starkem Drogeneinfluss zu stehen, während die Irakis stumm dabenen saßen und sie kaum beachteten. P. nahm an, dass sie die Gesellschaft der beiden nicht sehr erfreute, auch wenn sie sich das nicht anmerken ließen und sie, so gut es bei deren lautstarkem Theater ging, ignorierten.
Plötzlich stand einer der Spanier umständlich auf und wankte gebückt in die Ecke. Er stand definitiv unter Drogen. Vielleicht hatten sie gekokst. Alkohol war es nicht, denn P. konnte keine Flaschen im Raum finden. Mit einem lauten Würgelaut erbrach der Mann seinen Mageninhalt über die Holzkisten. Sofort reagierten die Irakis, sprangen auf und zerrten den ihn mit einem genervten Gesichtsausdruck hinter ihren Bärten aus der Ecke. Der Spanier setzte sich nur widerstrebend wieder an den Tisch, wo er nun, den Kopf auf den Armen, zusammensackte. Der andere begann laut zu lachen, nahm eine weitere der kleinen Scheiben und begann, auf ihr herumzubeißen. Die Distanz war zu groß, um Genaueres erkennen zu können, doch ahnte P., dass die beiden Spanier wohl gerade dem Meskalingenuss frönten. Vielleicht waren sie auch Mexikaner, da kam das Zeug meistens her.
Geschichten von exotischen Rauschmitteln hatte P. oft genug gehört. Sein Freund, der Pharmazeut, kannte sich da aus und hatte eine Menge erzählt. Vollkommen zusammenhangslos erschien P. jedoch die Anwesenheit von Mexikanern im Irak. Aber was wunderte er sich überhaupt noch?
Er wandte sich wieder von der Tür ab. Wozu sollte er dieses Szenario überhaupt verstehen? Es war ohnehin alles komplett verrückt. Wenn er doch nur wüsste, was auf ihn wartete. Wollten sie ihn töten? Was war mit seiner Frau und seiner Tochter geschehen? Wie lange würde er hier in der Kammer verweilen müssen?
Er setzte sich wieder auf das bettähnliche Gestell, welches das einzige Möbelstück im Raum darstellte, wenn man es überhaupt als ein solches bezeichnen konnte. Keine Matratze, keine Decke, einfach nur Holz. Seufzend legte er sich auf den Rücken und streckte sich aus. An Schlafen war nicht zu denken, doch es tat gut, seine Glieder etwas zu strecken.
"Verrückt!", dachte er kopfschüttelnd, "Einfach nur verrückt!".

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Samstag, 8. März 2008
Im Irak - Pt. 2
2/7
Als ihm die Augen endlich entbunden wurden, blendete ihn das grelle Licht, das durch ein winziges Fenster hereinfiel. Er blinzelte und sah sich um. Der Raum, in dem er sich befand, war klein und dreckig. Es musste eine alte Ruine sein, so heruntergekommen wie die Wände waren. Die blanken Backsteine sahen heraus, von Putz keine Spur.
Der Mann, der ihn gerade seiner Fesseln entledigte, trug einen dunkelgrünen Umhang, einen weißen Turban und ausgelatschte Turnschuhe von Adidas. Sein Bart war schwarz wie seine Augen und das Maschinengewehr auf seinem Rücken. So oder so ähnlich hatten sie alle ausgesehen, als sie P. und seine Familie überfallen hatten.
Der Mann verließ wortlos den Raum und schloss die Tür. Ein Riegel wurde vorgeschoben und P. war alleine. Er rieb sich über die wunden Handgelenke. Seine Stirn pochte, doch man hatte die Blutung bereits gestillt und die Wunde versorgt. Es schienen hier andere Männer zu sein, humanere, auch wenn sie genauso aussahen wie die ersteren.
Sie hatten ihm einen Krug mit Wasser dagelassen. Gierig trank er.
Wo war er nur hereingeraten? Was hatte das alles zu bedeuten? Er war entführt worden, so viel war ihm klar. Aber wer waren die Männer und was wollten sie? Warum er? Wo waren seine Frau und seine Tochter? Um sie machte er sich die größten Sorgen. Was, wenn die rüden Männer die beiden verschleppt hatten und vergewaltigten? Ihm wurde schlecht bei dem Gedanken und er bekam Angst. Er musste hier weg! Zu seiner Familie! Warum hatten sie sie nicht zu dritt mitgenommen? Es war zum Verzweifeln. Und er verstand kein einziges Wort, das die Männer sprachen. Er hätte zu gerne gewusst, was sie redeten. Wofür brauchten sie ihn? Welchen Zweck hatte er für sie? Zu Hause in Deutschland hatte er mit Landes- und Regionalpolitik zu tun, schrieb Bücher über die Gesellschafts- und Machtstruktur in der ehemaligen DDR oder das politische Mehrebenensystem der Bundesrepublik und die daraus resultierende Politikverflechtungsfalle. Ab und zu betätigte er sich auch als Berater für Wirtschaftsunternehmen. Wie irrelevant all dies nun erschien... Was wollten sie mit ihm? Niemals hatte er sich in ihre Angelegenheiten eingemischt. Die waren ihm sogar herzlich egal. Im Irak war er nur, weil ein seit kurzem hier lebender Freund und englischer Pharmazeuth ihn in Bagdad zu einem Arbeitstreffen bezüglich der Zusammenarbeit zwischen einem irakischen und einem deutschen Pharmazieunternehmen gebeten hatte.
Der Gedanke an ihn machte ihn wütend. Da auch ihre beiden Familien gut miteinander auskamen, waren P.s Frau und Tochter gleich mitgekommen. Wären sie doch bloß zu Hause geblieben! Von wegen sichere Innenstadt! Überall Militär und doch war es den Entführern gelungen, sie unbemerkt verschwinden zu lassen. Insgeheim verfluchte er den Freund. Warum lud der ihn auch in den Irak ein? Er hätte sofort auf seine Zweifel hören sollen.
Herrgott, Was hatten die Männer mit einem deutschen Buchautor und Berater vor? Gab es nicht tausend wichtigere Menschen, die man hätte entführen können?
Er dachte an sein Haus in München. An seine Frau, an seine Tochter. An seine manchmal öde, aber dafür völlig ungefährliche Arbeit. Er wollte zurück...

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Mittwoch, 5. März 2008
Im Irak - Pt. 1
1/7
Die unsanfte Fahrt in dem alten Kleintransporter war vorbei. Rüde wurde P. von einem der Männer am Arm gepackt und hochgehozogen. Es schien, dass er nun aussteigen sollte, doch noch immer waren ihm die Augen verbunden und seine Arme hinter dem Rücken gefesselt. Zögerlich stand er mit wackeligen Beinen auf und stolperte ein paar Schritte durch die Ladefläche des mit einer Plane überzogenen Transporters. Draußen wurden Türen von Autos zugeschlagen und laute Worte umhergerufen. Sie schienen aufgeregt zu sein, die Männer, und offensichtlich niemand machte sich mehr Mühe um Zurückhaltung, die in der Stadt noch an den Tag gelegt worden war.
Die Fahrt über war P. erstaunlich ruhig geblieben, obwohl er nichts sehen konnte, doch jetzt begann langsam Panik in ihm aufzusteigen. Der Mann, der ihn gepackt hatte, keifte ihn an. P. verstand kein Wort. Zack! Ohne Ankündigung bekam er einen heftigen Tritt in die Seite, verlor das Gleichgewicht und taumelte. Hart landete er mit dem Gesicht auf der steinige Fahrbahn. Er ächzte vor Schmerz, hatte den Sturz nicht einmal mit den Armen abfangen können. Wenn er nicht ohnehin schon nichts gesehen hätte, wäre ihm schwarz vor Augen geworden. Nun sah er zusätzlich Sterne und fühlte, wie das Blut an seiner brennenden Stirn herunterrann. Warum taten sie das? Was hatte er ihnen getan? Seine Gedanken waren wirr, voller Fragen und Selbstvorwürfe. Wäre er bloß nicht hier in den Nahen Osten gekommen!
Unter Stöhnen versuchte er aufzustehen und wieder wurde er von einem Mann am Arm gepackt und unsanft aufgerichtet. Man stieß ihn vorwärts und er wankte durch das Dunkel. Er schwitzte, es musste immer noch um die Mittagszeit sein und die Sonne brannte herunter. Die Luft war trocken und staubig, sein Mund voller Sand. Er hustete. Weitere Stoße führten ihn nun in eine andere Richtung und plötzlich wurde es kühler. Sie mussten in einem Haus sein, doch der Boden fühlte sich weiterhin rau und sandig an. Die Männer wurden allmählich ruhiger und riefen weniger laute Anweisungen herum. Sein Schädel brannte und während man ihn durch das Haus führte, spürte er die Ohnmacht in sich aufkommen.

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Samstag, 23. Februar 2008
Achtung! Achtung!
Folgendes Spielchen: Die ersten drei Personen, die hierzu einen Kommentar schreiben, dürfen sich je ein beliebiges Wort wünschen (am besten gleich in den Kommentar schreiben). Diese drei Wörter werde ich dann in meine nächste Geschichte einbauen, möglichst zentral natürlich. Mal gucken, was dabei herauskommt. Ich bin gespannt. =)
Also, denkt euch was Lustiges aus.

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Sonntag, 17. Februar 2008
Am See
Achtung: Mit Sounduntermalung! (Bitte Lautsprecher anmachen und in der rechten Blog-Spalte auf den Play-Button drücken)

Geschrieben am Sonntag, 17. Februar 2008
Dick eingemummt in Winterjacke, Schal und warmen Stiefeln stapfte ein Mädchen im Abendlicht hinunter zum See. Im tiefen Schnee sank sie bei jedem Schritt ein und hinterließ eine einsame Fußspur auf dem frisch zugeschneiten Weg zwischen den kahlen Bäumen. Sie hatte es nicht eilig, doch ihr Ziel war klar. Sie wollte weg von den Leuten, allein sein. Sie wollte dorthin, wo sie ihn im Sommer so oft gesehen hatte, wo er sie angelächelt hatte. Dort, auf der Bank am Seeufer, wollte sie heute Abend bleiben und an ihn denken. Es war kalt, doch das war nicht von Bedeutung.
Die Menschen oben im Dorf waren vermutlich wieder auf dem Heimweg. Es hatte nicht lange gedauert. Viele waren gekommen und alle waren sie bestürzt. Niemand von ihnen hatte damit gerechnet, dass er so früh von ihnen gehen würde.
Das Mädchen wusste, weshalb: Sie hatten ihm nie zugehört.
Wenn man die Leute fragte, wie er denn gewesen sei, so antworteten sie nicht sofort. Sie überlegten kurz, bevor sie Worte wie "ruhig" oder "nett" sagten. "Freundlich". "Zurückhaltend"... Wer dann in ihre Augen sah, bemerkte die Verwunderung darin. Die Verwunderung darüber, dass es so schwer war, zu beschreiben, wie er gewesen ist. Es erschreckte sie selbst, dass sie so wenig über ihn sagen konnten. Dabei war er doch so oft in ihrer Nähe gewesen. Und doch konnten sie kaum mit Worten festhalten, was ihn eigentlich ausgemacht hat. Hatten sie ihn überhaupt jemals wirklich wahrgenommen? War er nicht immer im Schatten gewesen? Hatte ihn überhaupt jemals einer von ihnen länger als einen Lidschlag lang angesehen? Wer in ihre Augen sah, wusste, dass sie es alle nie getan hatten. Dass es Menschen gibt, die sich erst bemerkbar machen, wenn sie für immer gehen, wurde den meisten von ihnen erst jetzt schlagartig bewusst. Auf einmal wurde über jemanden geredet, der sein Leben lang nie wirklich ein Gesprächsthema gewesen war.
Doch die ersten begannen bereits, ihn zu vergessen. Es gab nicht viel, an das man sich erinnern konnte. Niemand von ihnen hatte sich je für ihn interessiert und wenn man sie nach ihm fragte, bekam man immer die gleichen aussagelosen Antworten. An diesem Tag wurden sie erstmals überhaupt nach ihm gefragt. Eine gute Antwort bekam keiner.
Denn niemand fragte das Mädchen, das mit feuchten Augen einsam unten am See saß und eine Rose in den glitzernden Schnee legte. Dort, wo er ihr so viel erzählt hatte. Dort, wo sie ihn das letzte Mal angesehen hatte. Dort, wo er ihr lebewohl gesagt hatte.
Ihr wären tausende Worte eingefallen.

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Donnerstag, 7. Februar 2008
Fehler
O'Connor nickte. "Ich hatte so was in der Art erwartet. Du bist und bleibst eine Spielverderberin, Kika."
"Bin ich nicht!", sagte sie gekränkt. "Ich bin vernünftig, das ist alles."
O'Connor entkorkte die Flasche. "Wenn du eines Tages den Deckel über dir zuziehst, kannst du vernünftig sein, Frau Wagner. Du weißt doch, die größten Fehler sind die, die man nie gemacht hat. Also, was ist?"

(Zitat aus: "Lautlos" von Frank Schätzing; S. 177; Hermann-Josef Emons Verlag, Köln, Taschenbuchausgabe März 2006, 10. Auflage)

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Sonntag, 27. Januar 2008
Ich lächle
Ich stehe nahe vor dir, schaue dir lächelnd in die Augen. Du siehst gut aus, umwerfend. Je länger ich dich betrachte, desto faszinierender wirst du.
Wie war dein Tag so, alles klar? Oh, dein Chef ist unzufrieden? Ach, das ist doch nicht so schlimm, der soll sich mal nicht so haben! Wird schon wieder. Ja, bei mir ist auch alles in Butter. Nichts Besonderes passiert... Ja, aber gerne doch, wann wär's dir denn lieb? Hm. Diese Woche ist leider schlecht. Ja, dann ein andermal, wird schon klappen. Machen wir uns keinen Stress.
Du entdeckst hinter mir einen anderen Freund. Ja, klar, wir sehn uns dann. Bis morgen! Ich lächle, du lächelst und gehst zu dem anderen Freund. Ich drehe mich um. Verdammt, du bist so heiß... dieser Hintern... Ich sehe dir nach und grüße von weitem den besagten Freund mit einem kurzen Kopfnicken. Dieser Loser.
Überlegen lächelnd wende ich mich wieder ab, schlendere in den Nebenraum zu meiner Freundin und gebe ihr einen schnellen Kuss. Dann fahre ich mit ihr nach Hause.

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Montag, 21. Januar 2008
Buchtipp: "Lautlos"
Folgenden Buchtipp habe ich in einem Forum mal geschrieben:
Wer viel Durchhaltevermögen hat und wen fette Bücher nicht abschrecken, kann sich ja mal an "Lautlos" von Frank Schätzing setzen.
Die Rahmenhandlung ist der G8-Gipfel in Köln im Jahr 1999, zu dem eine Menge hochrangiger Politiker bis hin zu Staatschefs wie Jelzin, Schröder oder Clinton kommen. Physiker und Bestsellerautor O'Connor befindet sich zufällig auch in der Stadt und freundet sich dort mit Kika an, welche vom Verlag den Auftrag hat, auf den launischen und dem Alkohol sehr zugeneigten, jedoch attraktiven Wissenschaftler "aufzupassen".
Durch puren Zufall kommen die beiden in merkwürdige Situationen, welche erahnen lassen, dass irgendetwas in der Stadt nicht in Ordnung ist. Sie machen sich daran, zu erforschen, was es mit O'Connors altem Freund Clohessy auf sich hat und was er in Köln treibt. Als sie merken, dass sie sich in akuter Gefahr befinden, haben sie ihre Nase bereits zu tief in die Vorbereitungen eines Verbrechens gesteckt, das nicht nur Köln sondern die ganze Welt in Aufruhr versetzen würde...

Der Roman ist stellenweise etwas langatmig, jedoch exzellent recherchiert und somit auch eindrucksvoll detailliert und realistisch. Auch sprachlich gehört Schätzing eindeutig zur ersten Liga. Er versteht es, die Spannung wie kaum ein anderer aufzubauen, zu halten und selbst nach dem Höhepunkt der Handlung noch weiter aufrecht zu halten. Bis zur letzten Seite dauert sie an.
Einziger Negativpunkt: Für meinen Geschmack sind ein paar Handlungsstränge zu vorhersehbar. Allerdings tut das der Spannung kaum einen Abbruch.
Neben vielen interessanten politischen und wissenschaftlichen Aspekten bietet das Buch auch eine ausführliche Liebesgeschichte, phantastisch formulierte Gedanken über Gott und die Welt, witzige Auszüge aus dem Leben eines kaum einschätzbaren Physikers, der jedoch alles andere als verwirrt ist, natürlich sämtliche Feinheiten eines Krimis und hervorragende Beschreibungen der Locations (vorwiegend der Flughafen Köln-Bonn), aber auch durchweg gute Dia- und Monologe. Was ich so genial an Schätzing finde, ist seine Art, sich unheimlich vielen zum Teil sogar ziemlich unwichtigen Themen so genau zu widmen, ohne dabei jedoch zu langweilen. Auf diese Weise unterbricht er zwar manch einen Spannungsbogen, aber spickt das Buch mit sehr vielen interessanten Dingen, die das Allgemeinwissen erweitern und den Charakteren Leben einhauchen. Dadurch wirkt das ganze Geschehen in keiner einzigen Zeile wie eine ausgedachte Geschichte.

Es ist kurz gesagt ein Roman, an dem absolut nichts zu kurz gekommen ist, kein Aspekt vernachlässigt wurde und in seiner Länge sehr viel an Inhalt bietet, ohne jedoch (für einen Leser, der einige Zeit hat und nicht jeden Tag nur drei Seiten liest) langweilig zu werden. Es ist ein Buch, das aufgrund seiner vielen verschiedenen Themen und Schwerpunkte schwer eindeutig in ein bestimmtes Genre gesteckt werden kann.

Ich kann das Buch eigentlich jedem nur empfehlen, der Spannung mag, ein wenig Zeit investieren kann und gewillt ist, auch Passagen zu lesen, die nicht unmittelbar mit Action geladen sind.



Rezensionen:
Erfahrungsbericht auf Ciao.de von "apti"

Kommentar zum Buch von "Kathrin Schröder" unter
http://www.krimi-couch.de/krimis/frank-schaetzing-lautlos.html:
Man kann sicher an einigen Stellen Sachfehler oder Logikfehler finden, aber mal ehrlich, welcher Schriftsteller macht sich noch die Mühe, so breit gefächert zu recherchieren, auf teilweise witzige Art dem Normalleser Denkanstöße zu geben und einen platten Thriller zu einem Bildungserlebnis werden zu lassen, wie Schätzing? Ich kann mich kaum erinnern, mich nach einem Roman an die "Nacharbeit" gemacht zu haben, um Bildungslücken zu schließen. Vielleicht liegt Frank Schätzing daran, seine Leser in Diskussionen zu verwickeln - und ehrlich - ich könnte über einige der Äußerungen der Romanfiguren sofort bei Rotwein - nicht bei Whisky - oder vielleicht doch? - streiten. Am liebsten mit Schätzing! Leider hab ich niemanden hier.
Und so ein Liam-O'Connor-artiges Wunderwerk habe ich selbst lieben dürfen, anstrengend und göttlich, ich verstehe Kika, deren Gedanken einer Frau tatsächlich aus der Seele sprudeln. Diese Liebe ist zwar am Ende idealistisch beschrieben, aber da kam es wohl sicher auf andere Dinge an. Schätzing bedient halt auch die breite Masse.
Das Buch ist amüsant, man muss aber auch lesen wollen! Ein bisschen Philosophie hier und da erweitert den europäischen Horizont für Europäer und Hausfrauen und wie Hallervorden in einem hunderte Jahre alten Sketch in ganz profanem Zusammenhang mal lehrte: "Je länger das Warten, desto höher das Verlangen!"

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An der Bar
O'Connor bestellte einen zwölf Jahre alten Laphroig, so ziemlich das Härteste und Außergewöhnlichste, was sich unter den Schottischen Destillaten auftreiben ließ. Der Barmann war stolz auf den Besitz der Flasche. Entzückt, endlich auf Kennerschaft gestoßen zu sein, machte er das Glas mehr als halb voll. Ein Odor nach Torf, Jod und Krankenversorgung wehte herüber. Der Mann war es gewohnt, Johnny Walker und Ballantines auszuschenken, eine vorwiegend desillusionierende Beschäftigung, wenn man dreifach von zweifach destillierten Spirituosen und die Speyside Malts von den Islay Malts unterscheiden kann. Um ein Haar hätte er O'Connor das Zeug spendiert, aber dann wären sie in der Verpflichtung gewesen, seinen Geschichten zu lauschen. Barkeeper sind wandelnde Speicherplätze von ungeheuren Kapazitäten. Wehe dem, der das Passwort kennt!

(Zitat aus: "Lautlos" von Frank Schätzing; S. 255/256; Hermann-Josef Emons Verlag, Köln, Taschenbuchausgabe März 2006, 10. Auflage)

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Montag, 14. Januar 2008
Mampf!
Es war ein Tag wie jeder andere und er hatte für die kleine Ameise wie immer begonnen. Sie war von früh bis spät am Ackern, den ganzen Tag lang, bevor es, erst wenn es dunkel war, ein wenig Nachtruhe gab.
An diesem Nachmittag war ihr Auftrag kein anderer als sonst: Futter für den Nachwuchs zu sammeln. Dazu krabbelte sie durch die in mühseligen Stunden in den Sand gegrabenen Gänge, bis sie irgendwann an die Oberfläche kam, zwischen zwei Gehwegplatten hervorkroch und sogleich die Witterung aufnahm. Ihre Arbeiterkolleginnen hatten bereits mehrere Spuren gelegt, die zu verschiedenen Beuteplätzen führten. Einer dieser Duftspuren folgte sie nun flink und zielstrebig. Auf dem Weg traf sie die ein oder andere Kollegin, die dasselbe Ziel hatte oder bereits wieder auf dem Rückweg war.
Der Weg führte sie über viele Pflastersteine hinüber zur Dönerbude. Dort gab es so gut wie immer frische Nahrung, denn hier lagen genügend Brotkrumen sowie Fleisch- und Gemüsereste herum, dass die Vorratskammern beinahe platzten. Dennoch würde sie so wie jeden Tag stundenlang hin und herlaufen, um das Fressbare zu sammeln und in den Bau zu transportieren. Sie würde es ihr Leben lang tun und sich nicht ein einziges Mal beschweren.
Gerade hatte sie ein saftiges und für sie ziemlich großes Stück Schweinefleisch erreicht, da wurde dem Mann an der Bude der soeben gekaufte Döner Kebeb in die Hand gedrückt und ein guter Appetit gewünscht. Im nächsten Moment verdunkelte sich der Himmel über der kleinen Ameise und der Schuh des Mannes zerquetschte im Losgehen ihren winzigen Chitinkörper zu Matsch.
Ohne davon etwas mitzubekommen biss der Mann herzhaft und glücklich in das gut gefüllte Fladenbrot und ließ es sich schmecken.

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