Ein paar kurze Worte...
...über die Welt und auch ein bisschen über mich
Donnerstag, 16. November 2006
Augen zu und durch
*gähn* ... Ich sitze auf meinem hölzernen Klappsitz ziemlich in der Mitte des großen Vorlesungssaals, nicht zu weit hinten, nicht zu weit vorne. Nein, sitzen ist eigentlich das falsche Wort, eigentlich liege ich fast. Die Beine ausgestreckt, der Kopf liegt mit dem Nacken auf der Schreibutensilienablage des Sitzes hinter mir und in der Hand habe ich meinen Stift. Den benutze ich ab und zu, um mir ein paar vielleicht wichtige Dinge mitzuschreiben.
Dazu allerdings bin ich momentan kaum noch in der Lage. "...allerdings könnte man auch, um die gesamte Verteilung abzumessen, ein Raster, sozusagen ein Koordinatensystem, über diese Grafik legen, um dann..." 16:04. Die Zeit kriecht und die Zeit zwischen den Blicken auf die Uhr wird immer kürzer. "...Wie man sieht, kann man erkennen, dass in einigen Kästchen mehr und in anderen Kästchen deutlich weniger Punkte zu finden sind. Und in manchen Kästchen sind sogar überhaupt keine Punkte. Worauf könnte man das denn zurückführen? Dazu schauen wir uns mal..." 'Lass mich doch in Frieden mit deinen blöden Kästchen!' ... Ich schließe wieder die Augen und sofort umhüllt mich eine Decke aus Bildern, Eindrücken und Szenen. Tanzschritte gehen mir durch den Kopf, eine leckere Pizza schwirrt mir vor den Augen herum und IHR Gesicht erscheint plötzlich aus dem Nichts, um dann auch sogleich wieder zu verschwinden. Im Hintergrund höre ich den Professor weiter über die Messung und Kartierung der Strandbesucher reden, doch jedes Wort verfliegt so schnell, wie es kommt. Ein großes schwarzes Loch tut sich vor mir auf und ich drohe hinein zu fallen.
Doch ich kann mich zusammenreißen und öffne wieder die Augen. Eine neue Folie beleuchtet die weiße Wand, ein Diagramm ist zu sehen und der Professor interpretiert es in seinem langweiligen Monolog. *seufz*
Der Körper ist ausgelaugt, die sechs Stunden Schlaf letzte Nacht waren einfach zu wenig. Das Atmen fällt schwer. Ich zähle meine Atemzüge. Gerade mal sechs pro Minute... Dabei brauch ich doch Sauerstoff!
Mit einem anstrengenden Kraftakt setze ich mich wieder etwas gerader hin, doch sogleich fällt der Kopf wieder auf die stützenden Arme. Die Augenlider werden erneut schwer. *blinzel blinzel* ... 'Ich will schlaaaafen!!'
Zum Glück bin ich nicht der einzige, rechts vor mir liegt jemand mit dem Kopf auf dem Tisch, einige andere haben ihre Augen ebenfalls geschlossen.
"...das liegt zum Beispiel daran, dass man die Dünen eventuell gar nicht betreten darf. Somit sind die Akteure - in diesem Fall die Badegäste - von äußeren Zwängen, sozusagen übergreifenden Strukturen, beeinflusst, die jedoch unabhängig von den individuellen Sinnbezügen sind. Hier spielen dann sozusagen Lagefaktoren und eben diese neue...." ... 'blablabla... Ich will nach Hause!'
In einem Anflug des Verlangens nach Selbstverstümmelung versuche ich meinen Kopf auf die spitze Miene meines Druckbleistifts zu stützen, doch diese etwas andere Methode der Akupunktur verfehlt die gewünschte Wirkung, mir zu mehr Konzentration zu verhelfen. Es tut nur weh.
16:09. Aaaaaaalter Schwede... das kann doch nicht sein... Noch über eine halbe Stunde!...
Ich habe lange aufgehört mitzuschreiben. Die Folien gibts eh alle im Internet und bei diesem Gefasel herauszufiltern, was nun wichtig ist und das dann auch noch selbst in Stichpunkte zusammenzufassen... nee danke... zu faul. Wieder drifte ich ab in die Traumwelt. Zuhören ohne die Augen zu benutzen ist ja so viel kraftsparender...! Doch die Gedanken wollen woanders hin und ich lasse ihnen freien Lauf...
Bis ich realisiere, dass mein Kopf langsam nach vorne fällt und ich wieder hochschrecke.
Für eine Minute bin ich wieder da, versuche meine Gedanken denen des Profs anzupassen und seinem Wortlaut zu folgen.
Doch nach wenigen Sekunden merke ich, dass ich schon wieder in Gedanken sonstwo bin. Jedenfalls nicht bei der Interpretation eines Diagramms.
Was solls... Augen zu und durch!

*schnarch*

Anmerkung: Die dargestellte Situation beschreibt den Zustand eines Studenten in einer Vorlesung, die spät am Nachmittag stattfand, nachdem bereits 8 Stunden nonstop zu absolvieren waren. Der Eindruck, der hier entsteht, sollte keinesfalls stellvertretend für alle Vorlesungen oder Themen stehen.

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