Ein paar kurze Worte...
...über die Welt und auch ein bisschen über mich
Samstag, 17. Mai 2008
Kleine Menschen
geschrieben: Dienstag, 15. April 2008
überarbeitet: Samstag, 17. Mai 2008

Armes Deutschland.
Wie soll die deutsche Gesellschaft bloß aussehen, wenn man tagtäglich folgende Szenen in der Bahn oder sonstwo miterleben muss? Sicherlich denken sich generell immer viele Leute, sie wären die besseren Eltern, wenn eine Mutter oder ein Vater mal sein Kind in der Öffentlichkeit nicht sofort still bekommt. Aber in diesem Fall tat mir das Kind wirklich leid. Klar, es gibt schlimmere Fälle, deutlich schlimmere. Aber trotzdem tat mir das kleine Mädchen leid, dass es so und in diesem Umfeld aufwachsen muss...
Ich saß in der Bahn, kam gerade von der Uni und fuhr nach Hause. Mir gegenüber hatten zwei junge Frauen mit einem Baby Platz genommen. Der Kinderwagen stand davor. Sie waren beide - wenn überhaupt - kaum älter als ich. Eher schätzte ich sie auf irgendwas zwischen 18 und 22. Das kleine Kind war höchstens ein halbes Jahr alt und die Mutter des Mädchens (eigentlich ja selbst noch ein Mädchen) hatte es auf dem Schoß. Weiter nichts Besonderes. Doch die Mutter sah aus, als arbeite sie nächtlich auf dem Straßenstrich: Wasserstoffblond gefärbte Haare, kiloweise Make-up im Gesicht, Augenbrauen abrasiert und selbst "neue" hingemalt (in hohem Bogen nach hinten), lange Fingernägel mit lila Spitzen, entsprechende Klamotten, glitzernde Handtasche und ausgiebig schmatzend Kaugummi kauend. Ihre Freundin war etwas weniger auffällig, doch es war zudem zu vermuten, dass beide nicht gerade aus der High-Society stammten. Auch ihr Ghetto-Sprachstil deutete darauf hin, ein normales "ch" war anscheinend nisch möglisch.
Doch auch all dies muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass die Blonde ihr Baby nicht mit Liebe behandeln kann. Ich nehme mal an, dass sie ihr Kind schon ziemlich lieb hatte. Doch wie sie mit ihm umging zeigte mir, dass sie eigentlich noch nicht bereit für ein Kind war. Gut, es war schon so ein wenig Routine drin. Fläschchen geben, Mund abputzen und so weiter. Doch sanft war sie nicht zu ihm. Hoppe hoppe Reiter schön und gut, aber es sollte dennoch sanft sein. Es kam mir fast so vor, als ob die beiden Mädchen das Baby gewissermaßen auch als Spielzeug betrachteten und benutzten. Sie lachten über lustige Geräusche, das es machte ("Guck, mal, wenn ich so mache, dann... hahaha"), hoben es hoch und schüttelten es für meine Augen zu wild herum. Als der Freund anrief, wurde es kurz etwas rüde auf dem Schoß abgestellt und am Ende der Fahrt genauso lieblos in den Kinderwagen gesetzt, halb geworfen. Wenn es zwischendurch schrie, waren die Universallösungen das Fläschchen, obwohl es keinen Hunger hatte, oder eine bescheuerte Rassel, die das Baby auch nicht so spannend fand. Als ob sich dies ändern würde, wenn man nur umso lauter und näher am Kopf des Babys damit rasselt, schien das ihre einzige Taktik zu sein, dem Geplärre ein Ende zu setzen.
Während der ganzen Fahrt teilten sich die beiden Mädchen einen mp3-Player und hörten Musik. Ist jetzt nicht so schlimm, aber sollte man das in Gegenwart seines kleinen Kindes machen? Zeugt Musikhören nicht davon, dass man seine Aufmerksamkeit zurückschraubt und sich von seiner direkten Umwelt sozusagen zurückzieht? Ist es nicht unhöflich, im Gespräch mit jemandem seine Ohrstöpsel drin und die Musik an zu lassen? Ich finde Ja. Dass die beiden Mädchen Musik hörten und sich mehr untereinander ÜBER das Kind, statt miteinander MIT dem Kind unterhalten haben, zeigte mir, dass die Bindung mit dem Baby nicht so groß war, wie sie hätte sein sollen. Auch bin ich der Ansicht, man sollte das Weinen/Schreien/Plärren/Heulen des Babys nicht nachäffen und schon gar nicht, wenn dies annähernd die einzigen Laute sind, die an das Kind gerichtet sind! Mehr als "Wuäääh Wuäääh!" bekam das kleine Kind von der Freundin der Mutter eigentlich nicht zu hören... Die beiden haben anscheinend nicht kapiert, dass kleine Kinder alle Eindrücke extrem sensibel und vor allem prägend wahrnehmen und alles, was sie sehen, hören, riechen etc. auf ihre Entwicklung wirkt. Ein Baby ist doch ein kleiner Mensch und kein Haustier! Und selbst Haustiere sind kein Spielzeug! Dass Babys noch nicht viel von unserer Welt wissen und verstehen, bedeutet doch gerade, dass man ihm das Gute darin geben muss, bevor das Schlechte für es zur Normalität wird...
Nach dem, was ich gesehen habe, glaube ich nicht, dass aus dem kleinen Baby mal eine gut gebildete und im Beruf erfolgreiche Frau wird. Die Voraussetzungen erscheinen mir da einfach zu schlecht... Und deshalb tut es mir leid. Genauso wie all die anderen kleinen Kinder in ähnlichen Situationen.
Teenager sind heutzutage einfach nicht reif dafür, Kinder zu kriegen. Natürlich gibt es Ausnahmen, doch in der Regel hat ein junges Mädchen noch viel zu wenig Erfahrung davon, wie die Welt funktioniert. Und dies ist wiederum auch vom Bildungsstand und vom sozialen Umfeld abhängig. Leider erscheint es mir so, dass die sozial tiefer Gestellten mehr Kinder zur Welt bringen als die High Society. Aus welchen Gründen auch immer. Aber das ist (noch) nicht belegt, nur eine Theorie basierend auf alltäglichen Erlebnissen. (Zum Beispiel erfuhr ich über einige Ecken, dass in einer Berliner Oberschule drei (!) Achtklässlerinnen (!!!) gleichzeitig schwanger waren. In der 8. Klasse ist man 14!) Ich hoffe nur, dass sich die Leute ohne Grips im Hirn nicht so schnell vermehren, dass in 100 Jahren jemand, der drei Sprachen beherrscht, Vektorrechnung kann, weiß, was eine Tonleiter ist oder ein richtiges Buch gelesen hat, nicht gleich als Monsterbrain angesehen wird.
Es ist meiner Einschätzung nach nicht unwahrscheinlich, dass das kleine Mädchen niemals zu einem dieser Jemands gehören wird... Doch sie wird ihr Leben als normal betrachten. Wer nicht weiß, was er verpasst, ist trotzdem glücklich...

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